Es ist eines der Wahrzeichen von Hannover und seit Jahrzehnten beliebter Treffpunkt in der Innenstadt: das Café am Kröpcke. Vor 140 Jahren übernahm Wilhelm Kröpcke das Kaffeehaus, das 1895 schließlich auch seinen Namen tragen und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt werden sollte. Doch die Geschichte des „Café Kröpcke“ begann bereits viel früher – und nicht mit Wilhelm.
Bereits im 18. Jahrhundert eröffnete der Schweizer Zuckerbäcker Johann Robby eine Konditorei samt Kaffeehaus an der Leinstraße in der Nähe des Leineschlosses. Seit etwa 1797 soll es dort nicht nur Tortenkreationen, sondern später auch Liköre, diverse Käsesorten, Schokoladen und Gänsebrüstchen gegeben haben. Enkel Georg Robby übernahm 1856 schließlich das Familiencafé und erkannte früh, dass sich die Gegend zwischen Hoftheater und Hauptbahnhof zu einem belebten Geschäftsviertel entwickeln würde.
1869 verlegte er also das „Café Robby“ mit angeschlossenem Kaffeegarten an die Georgstraße, nachdem er das Grundstück am Theaterplatz von der Stadt gepachtet hatte. Architekt Otto Goetze entwarf den orientalisch angehauchten Kuppelbau mit vier Seitenflügeln. Der Legende nach soll Robby 1867 auf der Pariser Weltausstellung einen Blumenpavillon aus Gusseisen und Glas gesehen haben, an dem sich das Design des neuen Cafés orientierte. Belegt ist das allerdings nicht.
Nachdem der Konditor das Café nur wenige Jahre selber geführt hatte, verpachtete Robby es an die Familie Siercke – bevor es 1885 an deren Oberkellner ging: Wilhelm Kröpcke. Dieser führte es bis zu seinem Tod durch Nierenversagen im Jahr 1919 und machte es zu einer Institution in Hannover. Das „Café Kröpcke“, wie es schließlich seit 1895 auch hieß, entwickelte sich zu einem Treffpunkt der Gesellschaft.
Im Garten des Kaffeehauses konnten rund 2500 Menschen unter den Bäumen Platz finden, „ein Stück Natur im Motorengebraus der City“, wie Autor Gerd Schulte schrieb. Im Innern trafen sich die Künstler, Literaten und Architekten der Stadt: Schriftsteller wie Theodor Lessing und Erich Maria Remarque zählten zu den Stammgästen. Selbst als das Café ab 1922 bereits von Pächter Emil Pfefferle geführt wurde, gingen die Hannoveraner zu ihrem „Kröpcke“.
250 Fachblätter und Magazine lagen täglich im Café aus, erinnerte sich Kellner Richard Uhlir in einem Zeitungsartikel von 1976. Er bediente im „Café Kröpcke“ 25 Jahre lang, von 1910 bis 1935, und liebte „die Eleganz des Cafés, seine gediegene Atmosphäre, die ihm die Hannoveraner gaben, und das internationale Flair der zahlreichen Ausländer“.
All das endete zunächst am 26. Juli 1943, als um 11.48 Uhr der Luftalarm ausgelöst wurde. Hannover wurde Opfer eines amerikanischen Tagesangriffs, der zwar nur eine Stunde dauerte, aber 273 Menschen das Leben kostete. Obwohl das Hauptangriffsziel die Continental-Werke in Vahrenwald und Stöcken waren, wurden bei dem Fliegerangriff zahlreiche Baudenkmäler der Stadt zerstört. Neben dem Leineschloss, der Marktkirche und dem Opernhaus auch das „Café Kröpcke“. Nur zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges errichteten die Briten zur ersten „Export-Messe“ in Hannover ein Bierzelt als Café – auf dem Grundstück des alten Kaffeehauses. Über dem Zelteingang prangte im August 1947 ein Schild mit der Aufschrift „Kröpcke“, was den Nachkommen von Wilhelm Kröpcke allerdings nicht gefiel.
Auf Vorschlag des damaligen Oberbürgermeisters Wilhelm Weber wurde daraufhin der gesamte Platz zu Ehren von Kröpcke umbenannt. Hannover sollte so wieder ein „Café am Kröpcke“ erhalten.
Bereits 1948 entstand hier der von Dieter Oesterlen entworfene Nachkriegsbau in Leichtmetall mit großen Glasfronten, der allerdings nicht für die Ewigkeit bestimmt war. Denn die Üstra entwickelte Pläne für den Bau einer U-Bahn in der Innenstadt.
Der 15. September 1970 war der letzte Tag für das Café, bevor im Oktober der Abriss für den Tunnelbau begann. Für einige Jahre mussten die Hannoveraner auf ein Kaffeehaus am Kröpcke verzichten, während sich der Platz in eine Großbaustelle verwandelte. „Die Stadt ist sich ihrer Tradition bewusst und fühlt sich dieser auch verpflichtet“, sagte Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg bei der Grundsteinlegung des Neubaus im Oktober 1975. „Dazu zählen auch die besonders liebenswerten Dinge des Lebens. Das gilt vor allem für das Café Kröpcke.“
Bereits während der Bauphase suchte die städtische Kommission nach einem künftigen Betreiber und wurde beim Züricher Unternehmen Mövenpick fündig. Am 18. November 1976 um 14 Uhr, nach nur einem Jahr Bauzeit, eröffnete Mövenpick das Café am Kröpcke. Mehr als 1000 Menschen drängelten sich, um ein Stück Torte zu bekommen.
„Ohne die Lage und die Tradition des alten Kröpcke-Cafés wären wir wahrscheinlich nie so erfolgreich gewesen“, sagte Direktor Dietmar Althof zum 25-jährigen Jubiläums des Mövenpick-Cafés im Jahr 2001.