Schon als Kind war er ein „Schokoladenvertilger“, wie ein großes Foto in der Destillerie am Weidendamm beweist, wo es nun auch eine gläserne Schokoladenmanufaktur gibt. Doch die Leidenschaft für die Schokolade hängt auch und vor allem mit seiner Begeisterung für alles zusammen, was im Pflanzenreich wächst – und für die Produkte, die man daraus gewinnen kann. Das gilt für den Gin ebenso wie für die Schokolade.
Schokolade passt also zu seiner Passion für Gin, bei dessen Herstellung Biernath keine Kompromisse kennt. Er destilliert nicht nur selbst, sondern sammelt die Kräuter für seine Gins per Hand. Überall in Hannover hat er teils versteckte Plantagen angelegt – da gibt es etwa den begrünten Innenhof im Sprengel Museum oder den Garten auf dem Dach des GOP-Varietés in der City. Seine Fässer verbuddelt er, damit der Gin gut reifen kann, zwischen Harz und Heide – oder er schippert eines übers Meer. So hat er auf einem Holzboot mal ein Fass nach Bristol transportiert, Hannovers englischer Partnerstadt.
2017 kam es zu einer anderen Seereise hannoverscher Holzfässer – und in diesem Jahr liegen auch die Anfänge seiner Schokoladenmanufaktur. Biernath hatte damals ein für ihn angefertigtes Fass aus Maulbeerbaumholz mit Gin aus Hannover und ein mit Wodka gefülltes Eichenfass, in dem schottischer Whisky gelagert hatte, über den Ozean bis in die Karibik geschickt. Ziel war es, jeweils besondere Aromen zu erhalten. Auch den Plan mit der Schokolade gab es bereits: Biernath bat den Kapitän, ihm im zentralamerikanischen Belize ein leeres Ginfass mit Kakaobohnen zu füllen und es nach Hannover zurückzubringen. Die Herkunft der Bohnen ist entscheidend für den Geschmack. „Das ist eine Wissenschaft wie bei gutem Wein: In Papua Neuguinea werden die Bohnen über dem Feuer getrocknet, so bekommen sie einen rauchigen Geschmack. Schokolade, deren Bohnen aus Jamaika stammen, schmeckt dagegen softer“, sagt Biernath.
Über Jahre hat er experimentiert und sich in Sachen Schokolade weitergebildet. Bis heute probiert er in seiner kleinen „Hexenküche“, wie er es nennt, immer neue Rezepte aus. Von Anfang an war ihm klar: Wenn er Schokolade herstellt, dann nicht aus fertigen Schokolinsen, sondern direkt von der Bohne und mit dem typischen Hannover-Gin-Geschmack – dank der heimischen Kräuter und Botanicals, der rein pflanzlichen Stoffe, die für die Ginproduktion eingesetzt werden.
So röstet Biernath die Kakaobohnen heute in seiner Manufaktur am Weidendamm selbst, schält sie, bricht sie vorsichtig auf und zerkleinert sie mehr und mehr. Kakaobutter und Rohrzucker kommen hinzu, je nach Rezept außerdem direkt aus der Kupferdestille des Hannover Gins „Rooftop Garden“ destillierte Kräuter und Botanicals. Zum Teil über mehrere Tage wird die Masse dann conchiert – also intensiv gemischt und geknetet –, wodurch sie die zartschmelzende Struktur erhält. Die Schokoladenmasse wird in flache Formen gefüllt und erkaltet. 9,50 Euro kostet eine 50-Gramm-Tafeln made in Hannover.
Schon durch die Fenster kann man den Fertigungsprozess beobachten. „Das ist meine gläserne Manufaktur“, sagt Biernath. „Die Leute sollen sehen, dass wir wirklich alles selbst machen.“ Erhältlich ist die Schokolade über die Homepage hannover-gin.de oder direkt in der gläsernen Manufaktur am Weidendamm.
Natürlich gibt es zu den Schokoladensorten auch die passenden Gins. So gehört zum Hannover Gin „Rooftop Garden“ die gleichnamige Schokolade. Auch sie enthält Kräuter aus dem Dachgarten über der Destillerie. Zum „Cornel Gin“ kann man die „Cornel Schokolade“ genießen – beide tragen die heimische wilde Kornelkirsche in sich.
Eine dritte Variante ist Schokolade mit Schlehe, die ebenfalls eine heimische Frucht ist. Die Schlehe ist übrigens seit der Steinzeit genetisch unverändert. „Die Beeren sind ein wahres, für jedermann frei zugängliches Superfood“, schwärmt Biernath.
So will der Pflanzenkundler mit seinen Produkten auch darauf aufmerksam machen, welche vielfältigen botanischen Schätze in unserer Umgebung wachsen. „Besonders die heimischen, eher unbekannten Pflanzen mit ihren tiefen, natürlichen Aromen faszinieren mich.“
I mmer wieder sucht der City-Farmer daher nach neuen Möglichkeiten, weitere Gärten anzulegen. Neben Dachgärten hat er ein System entwickelt, um Fassaden zu begrünen – etwa auch an der Hausfront von Hannover Gin.„Gemeinsam schaffen wir so neue Anbauflächen, tun etwas gegen die Aufheizung der Stadt, speichern wertvolles Regenwasser und sorgen für mehr Biodiversität“, sagt Biernath. Und er hält nach neuen Pflanzen Ausschau. „Wir müssen uns langfristig auf Pflanzen konzentrieren, die mit den klimatischen Veränderungen auch klarkommen.“ Und wenn man ihre Extrakte dann noch genießen kann – umso besser.