Derzeit haben sich Ole Blank und Catharina Szonn in den zwei Ateliers eingerichtet. Sie sind Stipendiaten des „Preises des Kunstvereins“. Szonn hat Anfang des Jahres Tugba Simsek abgelöst, beide konnten dank des Residenzstipendiums für jeweils ein Jahr in das Haus ziehen. Blank hat das große Stipendium für zwei Jahre bekommen, seit Anfang 2023 wohnt er in der „Villa“. Schon bald wird die Besetzung im Haus komplett ausgewechselt, zum Januar 2025 vergibt der Kunstverein die drei Stipendienplätze an neue Künstlerinnen und Künstler.
Das Ende ihrer Residenzzeit krönen Simsek, Szonn und Blank mit einer Ausstellung im Künstlerhaus, die noch bis zum 6. Oktober zu sehen ist. Dort gibt es unter anderem ein interaktives Werk von Simsek, das aus drei großen schwarzen Kreisen und einem Tisch mit bunten Kreidesäckchen besteht. Szonn hat aus alten Kegelanlagen Skulpturen geschaffen, die nun selbst mit Hanteln trainieren. Und Blank lässt mit seiner Soundinstallation den europäischen Kontinent auf Raumgröße schrumpfen, indem er die Klänge der Küsten des Kontinents rund um die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung herum verteilt.
Diese Werke haben sie während ihrer Zeit in der „Villa Minimo“ geschaffen. Im Atelier von Blank stehen noch zwei Lautsprecher, an den Wänden hängen Pläne seiner Soundinstallation, auf dem Schreibtisch liegt sein zugeklappter Laptop. Der Raum ist ordentlich und sortiert, aktuell hat der Künstler hier kein Projekt in Arbeit. Vor Beginn der Ausstellung hat es hier wohl ganz anders ausgesehen. „Alle technischen Komponenten sind hier entstanden“, sagt Blank. Der Raum war voll mit Lautsprechern gewesen, der Boden bedeckt von Kabeln. Einen Fuß vor den anderen zu setzen war eine Herausforderung. Aber der Raum musste nicht nur für die Arbeit herhalten: „Es ist ein Atelier, abends ist es aber auch ein Wohnzimmer.“
Das gegenüberliegende Atelier von Szonn ist nicht nur zugleich ein Wohnzimmer, sondern auch ein Schlafzimmer. Am Ende des großen Raums steht das Bett, mit einem Vorhang lässt sich der Schlafbereich vom Rest des Ateliers trennen. Auch hier ist alles ordentlich, die weißen Wände sind größtenteils unbehängt – bis auf eine kleine Stelle, an der einige Bilder für die Planung ihrer Kegelanlagenskulpturen hängen. Und an einer anderen Stelle ist auf Boden und Wand noch ein Greenscreen aufgebaut. „Es muss hier drin so clean wie möglich bleiben“, sagt die Künstlerin, die nach eigener Aussage einen Hang zum Sammeln von Dingen hat. Für ihre Zeit in der Villa Minimo hat sie sich selbst ein Sammelverbot gesetzt. „Sonst muss ich am Ende mit fünf Lastern umziehen.“
Simseks Auszug aus der „Villa Minimo“ liegt schon einige Monate zurück. Die 38-Jährige vermisst es, in dem großen Atelier zu leben und zu arbeiten. „Das war ein sicherer Ort für mich“, sagt die Künstlerin. Die Ruhe des Hinterhofs, die Vögel vor ihrem Fenster und die morgendlichen Spaziergänge in der Eilenriede, darüber spricht sie heute noch gerne. Aber vor allem fehle es ihr, sich ein Atelier nicht mit anderen teilen zu müssen. „Allein sein, mit mir, für mich, im Atelier, das vermisse ich.“
Die Lebensqualität, die der Hinterhof mit seinem grünen Garten als Rückzugsort bietet, schätzt auch Blank. Der 33-Jährige hebt aber auch die finanziellen Vorteile des Stipendiums hervor. „Mietfrei zu wohnen, mietfrei ein Atelier zu haben, das gibt sehr viel Ruhe.“ Zusätzlich dazu übernimmt der Kunstverein alle Nebenkosten des Hauses, und die Stipendiaten bekommen monatlich 1000 Euro.
Diese Förderung konnte der Kunstverein jüngst anheben, zuvor waren es 800 Euro, und die Stipendiaten mussten die Nebenkosten selbst tragen. Christoph Platz-Gallus, Direktor des Kunstvereins, freut sich, dass die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen dieser Erhöhung zugestimmt haben. „Das Land und die Stadt sehen, wie wichtig dieses Stipendium ist.“ Wer als Nächstes in den Genuss dieser Förderung kommt, wird in den kommenden Wochen eine Jury entscheiden. Die Auswahl ist groß: Fast 200 Bewerberinnen und Bewerber würden gerne in die Hinterhof-Villa in der List ziehen.