An diesem Dienstag haben sich Trainer und die vier Spielerinnen auf den Weg in die Olympiastadt gemacht. Mit dem Gefühl und Wissen, dass dort alles möglich ist. „Wir wollen alles da draußen lassen und zeigen, dass wir 3x3 spielen können – auf dem höchsten Niveau der Welt“, sagt Suliman. Zu den Medaillenkandidaten zählen andere. Australien, Kanada, China, vielleicht Gastgeber Frankreich. Aber die Deutschen haben eine besondere Geschichte im Gepäck. Eine, die ihnen unendliches Vertrauen in sich selbst gibt. Weil das Team Mitte Mai seine eigene Legende gestrickt hat.
Quali-Turnier in Debrecen. Reichert blockt beim Stand von 17:17 im entscheidenden Spiel gegen Ungarn den Korblegerversuch der Gastgeberinnen und verhindert so einen möglicherweise entscheidenden Rückstand von 17:18. Brunckhorst schnappt sich den freien Ball, platziert ihre Füße hinter der Zweierlinie und drückt eine Sekunde vor dem Ende des entscheidenden Spiels ab. Der Ball fliegt durchs Netz, gleichzeitig ertönt die Sirene. 19:17-Sieg, Brunckhorst bleibt stehen und ballt beide Fäuste, der Rest des deutschen 3x3-Teams stürmt auf sie zu und reißt sie mit zu Boden. Da bleibt das Knäuel jubelnd und schreiend liegen. Tränen fließen. Am Spielfeldrand drückt Suliman den wohl größten und lautesten Schrei seines Lebens hinaus. Momente für die Ewigkeit. Suliman hat für das Olympia-Projekt mit den Frauen extra seinen Job als Arzt in der Pharmaindustrie gekündigt. Er arbeitet nur auf Honorarbasis. Seine Motivation: „Rein intrinsisch.“ Die Erfolgsgeschichte nahm in Hannover ihren Anfang. Erst vor rund drei Jahren wurde hier der 3x3-Bundesstützpunkt errichtet. Von Anfang an dabei: Brunckhorst. „Einfach genial, was wir zusammen in den drei Jahren hier aufgebaut haben.“ Greinacher kam etwas später dazu, Marie Reichert Anfang des Jahres. Alle drei gehören dem TKH an, wohnen in Hannover. „Der Stützpunkt hier ist extrem wichtig, andere Nationen beneiden uns darum“, singt Greinacher ein Loblied auf Hannover.
Mevius ist schon länger Teil des Spielerinnen-Pools. Suliman, der das Team 2023 übernahm, setzt die Rendsburgerin für Rodefeld ein. Das Verletzungspech schlug vor zwei Wochen beim Turnier in Bordeaux doppelt zu. Greinacher brach sich im Training einen Mittelhandknochen. „Es hat geknackt, ich habe sofort gewusst, dass da was kaputt ist.“ Die eigentlich fällige Operation – „keine Option“ für Greinacher, die ihren Olympiatraum wegen nichts auf der Welt platzen lassen will. Das 3x3-Team ist für sie und Brunckhorst wie ein Baby. Eine Herzensangelegenheit. Beide qualifizierten sich auch mit den 5x5-Frauen für Paris und mussten sich entscheiden. Letztlich keine Überraschung: Das Duo blieb beim 3x3-Team. Und träumt mit den anderen von Edelmetall.
Acht Teams sind beim olympischen Turnier dabei. Zunächst spielt jeder gegen jeden. Die Gegner: USA (zum Auftakt gab es einen 17:13-Sesationssieg), Australien (erste Niederlage knapp mit 19:21), Kanada (ein starker 19:15-Sieg gegen einen Topfavoriten), Aserbaidschan (1. August), China (2. August), Frankreich (2. August), Spanien (3. August) (alle anderen Spiele lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor). „Wir haben nichts zu verlieren, haben alle Teams schon mal geschlagen“, sagt Greinacher.
„Wir wollen um eine Medaille spielen.“ Brunckhorst betont: „Natürlich haben wir Chancen.“ Bei Reichert ist „die Vorfreude schon riesig“. Neben der guten Teamchemie und der beschriebenen Heldenstory können die Frauen auch auf ihr „krasses“ Taktikkonzept verlassen, wie Mevius sagt. „ Wir haben für jede Situation etwas parat.“ Das haben sie in Debrecen bewiesen.