Schrumpft das eine, und das andere bleibt gleich, spricht man von „Shrinkflation“, abgeleitet vom englischen Wort für schrumpfen. Weniger Inhalt, aber gleicher Preis: Seit die Kosten für Rohstoffe und Energie gestiegen sind, versuchen Hersteller so auf unauffällige Art, weiter ihren Schnitt zu machen.
Schon länger gibt es Forderungen, dieser Praxis Einhalt zu gebieten. Zwar müssen Gewicht oder Volumen auf der Verpackung angegeben werden, aber wird sie geschickt angepasst, fällt eine Veränderung nicht auf. Die Verbraucherzentrale Hamburg und Foodwatch fordern deshalb eine Kennzeichnungspflicht, wie es sie auch schon in Brasilien gebe.In Frankreich macht die Regierung jetzt Ernst. Große und mittelgroße Geschäfte müssen bald kenntlich machen, ob ein Nahrungsmittelprodukt von „Shrinkflation“ betroffen ist. Nimmt die Menge ab und der Preis bleibt unverändert oder steigt, muss in der Nähe des Produkts beispielsweise ein Plakat angebracht werden. Wie das aussehen kann, hat Frankreichs größte Supermarktkette Carrefour bereits erprobt und erste Produkte freiwillig gekennzeichnet. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte die in Frankreich auch als „Réduflation“ bekannte Praxis zuvor einen „Betrug“ genannt und angekündigt, dem ein Ende zu setzen.
„Als Verbraucherpolitiker würde ich eine Kennzeichnungspflicht nach französischem Vorbild begrüßen“, sagte der SPD-Politiker Carsten Träger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die „Schrumpflation“ sei ärgerlich, weil Verbraucherinnen und Verbraucher sich durch solche „indirekten und intransparenten Preiserhöhungen“ zu Recht hinters Licht geführt fühlten. Träger verweist auch auf andere Möglichkeiten, an der Preisschraube zu drehen; beispielsweise, indem an der Qualität der Inhaltsstoffe gespart wird. Träger sieht auch den Handel in der Pflicht. Solange es Hersteller gebe, die mit solchen Tricks arbeiteten, sei der Handel aufgefordert, im Interesse seiner Kundschaft aktiv zu werden.Auch Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) will gegen die Praxis vorgehen. Ein von ihr angestrebtes Gesetz für weniger Verpackungsmüll sieht vor, dass das Reduzieren des Inhalts ohne entsprechendes Reduzieren der Verpackung unzulässig sein soll – und umgekehrt. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Eine Kennzeichnungspflicht wäre darin nicht enthalten.
Damit es zu einer Änderung kommt, müsste aber auch die FDP zustimmen, und die ist skeptisch. „In einer freien Marktwirtschaft steht es Herstellern frei, den Preis für ihre Ware und die Größe der Verpackung zu bestimmen oder beides zu ändern“, sagt die verbraucherpolitische Sprecherin Katharina Willkomm. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten entscheiden, ob sie mit den Preisen einverstanden seien. Carrefours freiwillige Pilotaktion begrüßt Willkomm. Marktteilnehmer sollten das unter sich ausmachen. „Die Einführung einer Kennzeichnungspflicht so wie in Frankreich beziehungsweise einen staatlichen Hinweisaufkleber lehne ich aber ab.“