In der Kategorie „The Beauty of Plants“ zeigen sich fragile Naturwunder wie eine Nigella-Blüte, umgeben von luftigem Bokeh, oder Agapanthus-Blüten, die – in Softbox-Beleuchtung aufgenommen – fast schon den Charakter eines Gemäldes aufweisen. Was Kunst und künstlich ist und was Wirklichkeit und fotografische Abbildung, verschwimmt insbesondere in den Beiträgen für die Wettbewerbskategorie „7IM Abstract Views“, denn hier wurde an Nachbearbeitung nicht gespart. Dies ist zwar keine Erfindung des digitalen Zeitalters und mit Mitteln wie Bildüberlagerung schon weitaus länger Teil der künstlerischen Fotografie, nimmt beim im Berggarten Gezeigten jedoch ganz eigene Dimensionen an. So ist June Sharpe, die Gewinnerin der Kategorie im abstrakten Bereich, zugleich Gesamtgewinnerin des Wettbewerbs mit ihrem Beitrag „Birdscape“. Eine Landschaft aus Vögeln? An tanzende Kraniche auf japanischen Holzschnitten würden die Äste eines Nadelbaumes sie erinnern, so die Fotografin, die ihre Aufnahme mehrschichtiger Äste mit neuen Füllebenen und Farbveränderungen zu einer surreal anmutenden Fantasiewelt transformierte. Und genau das sei gewollt, betont IGPOTY-Chefjuror Tyrone McGlinchey: „Wenn wir Bilder bewerten, hoffen wir, dass wir auf eine Reise innerhalb einer Geschichte mitgenommen werden. Das Bild von June erfüllt dies. Es bietet eine Fülle von Interesse und Tiefe, die die Fantasie anregt.“
Um ganz reale Welten geht es in der Kategorie „Plants & Planet“. Mal Perspektiven verändernd wie bei Leena Roy, die unter Wasser Mangroven fotografierte und damit den ersten Platz belegte, mal im Angesicht realer Bedrohungen der Natur-Schönheit, wie Gigi Williams mit der Arbeit „Skeletons“ beweist. Ihre Aufnahme, welche die Auswirkungen von Buschbränden dokumentiert, solle auch die Frage stellen, ob nachhaltige Holzindustrie möglich sei, so die Fotografin.
Ein besonderes Highlight ist die Arbeit des britischen Fotografen Barry Webb, der den ersten Platz in der Kategorie „The World of Fungi“ gewonnen hat. Webbs Siegerfoto zeigt einen winzigen Schleimpilz der Art Craterium minutum, der nur einen Millimeter groß ist. Diese außergewöhnliche Aufnahme entstand in Webbs eigenem Garten, wo er den Pilz auf verrottender Vegetation am Rande eines Komposthaufens nach einem starken Frost fand. Besonders auffällig sind die ungewöhnlich würfelförmigen Eisformationen, die sich auf dem Fruchtkörper des Pilzes gebildet haben. Diese seltenen Strukturen, eingefangen unter den besonderen Lichtverhältnissen des frühen Morgens, verleihen dem Bild eine magische, fast surreal anmutende Qualität. Webbs Fähigkeit, solche winzigen Details sichtbar zu machen, lädt dazu ein, die oft übersehene Welt der Mikroorganismen mit neuer Wertschätzung zu betrachten.
Der Wettbewerb „International Garden Photographer of the Year“ (IGPOTY) wurde 2007 von fünf Mitgliedern der Professional Garden Photographers Association erstmals ausgerufen. Die erste Ausstellung fand in London statt in den berühmten Royal Botanic Gardens, Kew. Die Kew Gardens sind dem Wettbewerb seitdem eng verbunden und bilden den Ausstellungsort für die erste Schau der Gewinnerbilder des IGPOTY. In den Herrenhäuser Gärten werden die jährlich wechselnden Auswahl-Fotografien zum sechsten Mal präsentiert.
Der Besuch der Ausstellung ist im regulären Eintrittspreis für den Berggarten enthalten.Öffnungszeiten und Preisübersicht: herrenhausen.de