Als Bendels das sagte, hatte er schon sein Studium der Marketing-Kommunikation und seinen Job als Markenberater in München hinter sich gelassen und war auf einer Farm in Südafrika gelandet. Im Januar 2022 war das. „Was wäre, wenn man in einem der Berufe arbeiten würde, von denen man als Kind immer geträumt hat?“, fragte Bendels in dem Video rhetorisch. Denn er hatte schon damit angefangen, seine Träume zu leben.
Seine Freundin Anja Mäuerle und Bendels hatten ihre Jobs ebenso gekündigt wie ihre Wohnungen, hatten sich von Familie und Freunden verabschiedet, sich von ihrem Hab und Gut getrennt, die Möbel verkauft. Auf Youtube und Instagram nennen sie sich „Vagateers“, das Wort ist zusammengesetzt aus Vagabonding und Volunteers und lässt sich mit „herumziehende Freiwillige“ übersetzen. Es geht also nicht um „Work and Travel“, das System, bei dem sich vorwiegend junge Reisende durch bezahlte Tätigkeiten vor Ort die Weiterreise verdienen, sondern um ehrenamtliche Arbeit für den guten Zweck.
„Wir haben mitgenommen, was in einen Trekkingrucksack passte“, erzählt Bendels. „Nur die erste Station, sozusagen das erste Abenteuer, hatten wir lange vorher geplant.“ Es ging mit dem Flugzeug von München nach Kapstadt und weiter in den Kruger-Nationalpark. Dort machte das Paar eine Ausbildung zu professionellen Safari-Rangern. Da floss noch Geld, allerdings nicht in die Taschen der Deutschen, die einen fünfstelligen Betrag in ihre Ausbildung investierten. „Als Safari-Ranger kannst du nicht einfach so arbeiten – das musst du lernen.“ Das wusste Bendels von einer früheren Reise nach Kenia. Sein Ziel in dieser Zeit: „Die Natur lesen zu können wie ein Buch.“
Während Freundin Anja, 34 Jahre, Allgäuerin aus Memmingen, als Spanisch-Übersetzerin gearbeitet hatte und durch den Vormarsch der Künstlichen Intelligenz ohnehin vor einem Berufswechsel stand, hätte der Niedersachse Bendels wohl weiter Geld in der Werbebranche scheffeln können. Wollte er aber bewusst nicht: „Die Welt konsumiert sich selbst. Und ich bin der Typ, der alle dazu bringt, noch mehr von dem Kram zu kaufen, den sie eigentlich gar nicht brauchen.“ Zwei Jahre waren die beiden unterwegs. Was sie erlebt haben, ist für die meisten kaum fassbar: Als Freiwilligenhelfer haben sie in Costa Rica Meeresschildkröten gerettet; auf den Azoren spürten sie mit Walforschern die größten Lebewesen der Erde auf; sie haben sich in Neuseeland um Waldpapageien und blaue Zwergpinguine gekümmert. Sie haben im zentralamerikanischen Dschungel mit Affen und Aras gelebt und im botswanischen Busch zwischen Löwen und Elefanten gezeltet.
Als Manager eines Non-Profit-Campingplatzes im kanadischen Squamish bekamen sie es mit Bären zu tun, und auf Vancouver Island schlugen sie sich als Permakulturgärtner so manche Nacht im Beet um die Ohren. In den USA legten sie sich einen 30 Jahre alten Chevy Van zu, mit dem sie die legendäre Panamericana entlang holperten – und in die Kontrolle eines mexikanischen Drogenkartells gerieten.
Sie filmten sich. In wunderbaren Momenten, aber auch in denen, wo nichts klappte. „Videos waren unsere Reiseaufzeichnungen“, sagt Bendels. Waren, weil die Reise beendet ist. „Nach zwei Jahren unbezahlter Arbeit war kein Geld mehr da.“ Mit den unschätzbar wertvollen Erfahrungen ihrer Freiwilligen-Walz orientieren sich die beiden gerade um. Ein Paar sind sie noch, mehr denn je: „Diese Reise, jede eingebrannte Erinnerung daran, all das hat uns auf eine Art zusammengeschweißt, wie wir es nicht erwartet hätten. Wir haben gemeinsam viel geschafft.“
Bendels hat erst mal 399 Seiten geschafft. Der Vagabonding Volunteer ist Buchautor geworden. „Traum über Kopf – Als Volunteers um die ganze Welt“, heißt das Werk, das sich mit Ullstein einer der größten deutschen Buchverlage aus Berlin gesichert hat (für 16,99 Euro im Handel oder online). Für den Klappentext konnte Bendels den bekannten TV-Wissenschaftsjournalisten Dirk Steffens gewinnen. „Reisen bedeutet lernen“, schreibt dieser. „Die Zukunft braucht Menschen, die sich über alle Grenzen hinweg begegnen und austauschen. Und wenn sie dabei auch noch etwas Gutes tun, machen sie damit die Zukunft zu einem Ort der Hoffnung.“
Einer dieser Menschen, die der 56-jährige Steffens meint, heißt Lars Bendels, er stammt aus Isernhagen und hat gemacht, woran viele scheitern: seine Träume zu leben.