Wie kam er zum Bier? „Ich habe nach dem Abitur nach einer handwerklichen Ausbildung gesucht“, erzählt der Gifhorner, der damals Wolters zu bitter fand und lieber zu Gilde griff. Brauer und Mälzer lernte er trotzdem bei der Firma in Braunschweig, die damals zum internationalen Inbev-Konzern gehörte – und hatte gleich im ersten Lehrjahr ein einschneidendes Erlebnis. „Bei der Weihnachtsfeier wurde verkündet, dass Inbev Wolters dichtmachen will. Da standen 120 Leute mit Tränen in den Augen.“ Gigla war klar: „Eines Tages will ich meine eigene Brauerei.“
„Ich hatte einen Masterplan“, sagt er im Rückblick. Nach der Ausbildung blieb er noch bei Wolters (die Brauerei wurde von einer Gruppe früherer Gilde-Manager gerettet), arbeitete als Betriebskontrolleur, studierte dann Diplom-Braumeister in Berlin, es folgten drei Jahre als Leiter eines Forschungsinstituts. „Da ging es um Prozesse, neue Rezepte, Hefesorten.“ Als er auf einem Craftbeer-festival in Berlin Alexander Herold kennenlernte, war der Zeitpunkt für die Selbstständigkeit gekommen. 1000 Hektoliter produziert Gigla im Jahr. Er mietet dafür Anlagen in Aschaffenburg, Bremen und Nittenau bei Regensburg. „Ich schicke nicht nur meine Rezepte da hin, ich braue selber“, betont er. „Ich bin Brauer, kein Marketingmensch.“ Wobei er auch dafür ein Händchen hat. Seine Biere heißen zum Beispiel „Beverly Pils“ (erinnert an die Jugendserie „Beverly Hills 90210“), „Helles im Wunderland“, „VielleichtAthlet“ oder „Mashine“. „Es kam auch schon vor, dass ich ein tolles Rezept verworfen habe, weil mir nicht der perfekte Name eingefallen ist.“
Andere Mashsee-Sorten sind wieder verschwunden. „Xoco“ zum Beispiel – „ich habe eine besondere Hopfensorte verwendet. Aber für die einen schmeckte das Ergebnis nach Dill, für die anderen nach Kokos.“ Weil das Bier die Meinungen zu sehr spaltete, nahm Gigla es wieder aus dem Programm. Anders bei „Captain Blaubeer“ mit Blaubeernote. „Die Hopfensorte dafür war zu jahrgangsabhängig, der Geschmack war einfach zu wechselhaft.“
Verlässlichkeit sei ein wichtiges Kriterium bei Bier, doch gerade der Hopfen sei ein Naturprodukt wie die Trauben beim Wein. Gigla ist Mitglied im Verband Deutscher Kreativbrauer, die sich ein „Natürlichkeitsgebot“ auferlegt haben – keine künstlichen Farb- oder Aromastoffe dürfen in die Getränke gelangen. Craftieerbrauer wie der 41-Jährige wenden sich an „Genussmenschen“, so beschreibt er seine Zielgruppe. „Leute, die sich mit Bier auseinandersetzen, neugierig sind.“
Für die hat er im Jubiläumsjahr (das im Sommer gefeiert wird) ein neues Getränk auf dem Markt: „Blaufrei“ hat weniger als 0,5 Prozent Alkohol. Dabei dachte Gigla lange, „dass Bier und Alkohol untrennbar zusammengehören“. Er ließ sich von den Ergebnissen von Kollegen überzeugen, dass es auch ohne Promille geht. „Aber es ist eine Herausforderung. Ich habe fast drei Jahre am Rezept getüftelt.“
Die einfache Methode sei, dem fertigen Bier den Alkohol zu entziehen. „Ich habe mich für den Weg entschieden, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen.“ Dafür braucht man Wissen in Biochemie, Temperaturkurven, Prozesssteuerung – und „die richtige Hefe, die keine Maltose vergärt. Es ist eine Frage des Fingerspitzengefühls.“ Schon nach vier Wochen ahnt Gigla, dass „Blaufrei“ ein Erfolg wird. „In den vergangenen Jahren war Helles auf Wachstumskurs – derzeit sind es alkoholfreie Biere. Das ist ein Trend.“
In der Halle in Wülfel hängt ein gutes Dutzend Rahmen an der Wand – alles Auszeichnungen für Mashsee-Biere. „Das sind nicht alle, es müssten ungefähr 25 sein“, sagt der Braumeister, der mit dem „Trainingslager“ gestartet ist. Im Profigeschäft ist er längst angekommen. Für die Champions League sieht er aber noch Luft nach oben. „Mein Traum ist eine eigene Brauerei. Am liebsten zusammen mit Gastronomie, bei der die Biervielfalt im Vordergrund steht.“ Denn Kolja Gigla hat noch 50 Ideen im Kopf.