In ihrer Rede an die Literaten brachte sie auch noch eine wichtige Botschaft unter: „Wir als Stadt Hannover würden uns sehr, sehr, sehr freuen, wenn sie uns verbunden bleiben, weil wir wirklich ein hohes Interesse daran haben, eine breite kulturelle Landschaft in Hannover zu haben.“
Und dann kam noch ein weiteres Versprechen: „Wir möchten alles tun, um die Autorenszene hier in Hannover zu supporten.“ Denn viele Studierende, die in Hildesheim literarisches Schreiben studieren, ziehen nach ihrem Abschluss in Richtung Berlin. Hannover ist nur eine Zwischenstation auf dem Weg in die kulturell noch immer anziehende, wenn auch hart bei den Kulturetats kürzende Bundeshauptstadt. Bender möchte diesen Zustand ändern. Zumal nur in Leipzig und Hildesheim ein solcher Studiengang angeboten wird. Warum sollte also eine solche Chance vertan werden, Talente an die Stadt zu binden? Im Bereich der Kunst funktioniert das doch auch zunehmend besser.
Die „Autor*innenkonferenz“ ist so ziemlich das Gegenteil von dem berüchtigten Klagenfurter Ingeborg Bachmann Preis, wo von Schriftstellern und Schriftstellerinnen vorgetragene Werke von der Literaturkritik diskutiert, zerrissen oder, was seltener passiert, hochgelobt werden. In Hannover sitzen auch auf der Seite der Jury Schreibende. Sie gehen sehr wertschätzend mit ihren jungen Kolleginnen und Kollegen um, geben Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten, diskutieren die erzählerischen Strukturen und weisen auf logische Fehler oder kreative Mängel hin. Dieses Modell, bei dem nicht der Wettbewerb und das Gegeneinander, sondern das Miteinander im Mittelpunkt steht, könnte zukunftsfähig sein. Weil der Preis aber nur alle zwei Jahre vergeben wird, kann er auch nur sehr langsam eine wirkungsstarke Gravitationskraft entwickeln. Hier sind die Schritte auf dem Weg zu einer Literaturstadt Hannover zu klein. Andere Literaturpreise klotzen außerdem mit mehr Geld.
Trotzdem wirkt der neu ausgerichtete Preis wie ein Coup. Denn nicht mehr nur einer, sondern alle Teilnehmenden erhalten eine Auszeichnung. Dadurch wird der literarische Dialog während der Konferenz befördert. Keiner muss angreifen, verteidigen, der Beste sein wollen, alle haben den Luxus, konstruktiv und entspannt gemeinsam nachdenken zu können.
Was interessiert die diesjährigen Preisträger und Preisträgerinnen? Wie wäre das Leben hier, wenn Europa ausgetrocknet ist, fragt sich Ulrike Brantl. Lucie Kolb transformiert das Märchen von der Frau Holle in die aktuelle Situation des Klimawandels, der Märchenschnee von Frau Holle wird gewissermaßen zu Trockenschnee. Patrick Stadlmayr porträtiert zwei Brüder, sie sind Synchronspringer, einer stirbt, und der andere versucht zu verstehen, was passiert ist. Franziska König thematisiert in „Hier kannst du nachts noch die Sterne sehen“ eine Mutter-Tochter Beziehung; es geht um die Frage, was Heimat ist, emotional und real.
Auch Henrik Szántó nimmt das Thema der dörflichen Heimat auf, die bei ihm zur Antiheimat, zur Hölle wird. Und Philipp Cyprian schreibt ein Gefühletagebuch, bei dem Nebensächlichkeiten zur Hauptsache werden.
Veröffentlicht werden die Texte, so die Planung, in der Literaturzeitschrift „Die Horen“. Auch das ist ein kleiner, aber eben auch ein nachhaltiger Schritt auf dem Weg zur Literaturstadt Hannover.