Tobas silberner Abgang
Sein letzter Auftritt: Turnstar aus Hannover glänzt bei der Europameisterschaft in Leipzig am Reck

Ein Dank geht gen Himmel: Andreas Toba ist ein sehr gläubiger Mensch. „Gott hat mir 30 Jahre lang geholfen, das alles zu erreichen“, sagt er.Foto: IMAGO/Harald Bremes

Bei seiner Ehrenrunde sah die Hallendecke wie ein Sternenhimmel aus. Zum Lied „Time to say Goodbye“ schritt Andreas Toba durch die Leipziger Arena. Der strahlendste Himmelskörper schien seine Silbermedaille zu sein. Hannovers Turn-Star lachte, schüttelte ungläubig den Kopf, wischte sich die Tränen weg nach seinem großartigen Reck-Finale. „Ich bin überwältigt, das war jetzt alles viel zu viel“, sagte Toba. Bei der EM war der 34-Jährige vom TK Hannover zum Abschluss seiner internationalen Karriere zu Platz zwei gewirbelt. „Es hätte nicht großartiger enden können, alles hat gestimmt, es ist ein absoluter Traum“, sagte der Döhrener.

Sein DTB-Teamkollege Nils Dunkel hatte vorgelegt und fast schon sensationell EM-Gold am Barren geholt. Deutschlands Mixed-Europameister Timo Eder wurde Dritter. Aber die sechste Medaille der in Leipzig so erfolgreichen deutschen Riege sollte noch folgen.

Im Einzelfinale am Reck, am Königsgerät, legte der Litauer Robert Tvorogal als Erster gleich die Siegernote von 14,300 vor und beeindruckte damit die wartenden sieben Rivalen. Die beiden nächsten Turner stürzten, Tvorogal kam kein Konkurrent nahe, Toba war als Sechster dran.

Unter Anfeuerungsrufen ging der amtierende deutsche Meister an sein Lieblingsgerät. Seine Übung war fehlerfrei und sehr gut, er hatte den Schwierigkeitsgrad im Vergleich zur Qualifikation klar gesteigert. Der „Hero de Janeiro“ landete sicher, machte keinen Schritt mehr. Das brachte den Bonus, die zusätzlichen 0,1 Zähler – und eben keinen Punktabzug mehr in dieser engen Konkurrenz. Toba stand einfach da, kniff ungläubig die Augen zusammen. Dann bekreuzigte er sich einmal mehr, wies mit dem Finger zur Decke.

Die Gesamtnote von 14,000 katapultierte Toba auf Platz zwei. Als dann Mehrkampf-Europameister Ardem Asil aus der Türkei als vorletzter Starter nur eine 13,633 bekam, war Toba eine Medaille nicht mehr zu nehmen. Asil, der in der vergangenen Saison für den TuS Vinnhorst in der Bundesliga geturnt hatte, gratulierte fair. Und zum Schluss kam der Franzose Anthony Mansard mit einer 13,966 nicht an Toba vorbei. War das die beste Reck-Übung seiner Karriere? „Auf jeden Fall war es die sauberste“, so Toba.

Der vierfache Olympionike gewann damit nach 2021 erneut Silber am Königsgerät – bei seiner zehnten EM. „Ich hab mir das aus ganzem Herzen gewünscht. Es ist unbeschreiblich, dass es für Silber gereicht hat“, sagte Toba.

Erste Gratulanten waren Trainer Adrian Catanoiu sowie TKH-Teamkollege Glenn Trebing, der wie Toba Tränen in den Augen hatte. Beide umarmten sich lange. Ihre Wege trennen sich nicht, Toba macht als Landestrainer für den Niedersächsischen Turner-Bund (NTB) weiter. Dessen Präsident Heiner Bartling lobte Toba als „Vorbild für eine ganze Generation von Turnerinnen und Turnern“. Der stolze Vater Marius Toba, der unter den 5500 Fans war, sagte: „Wir haben wieder geschafft zu beweisen, dass auf die Tobas Verlass ist.“ Schließlich ging Andreas Toba auf eine letzte Ehrenrunde, ließ sich noch einmal feiern. „Diese EM war das Krasseste, das ich je erlebt habe. Ich danke Gott, dass ich 30 Jahre turnen konnte. Es ist der Sport, den ich so sehr liebe.“

Turn-Legende Andreas Toba war tatsächlich schon wieder am Reck. An dem Gerät, an dem der 34-Jährige vom TK Hannover bei der EM in Leipzig gerade erst Silber gewonnen hatte. Am Königsgerät. „Ging ganz gut, hätte ich gedacht“, sagte der „Hero de Janeiro“ und vierfache Olympionike. Seine internationale Karriere hat der zweifache Reck-Europameister zwar beendet. Aber am Samstag geht er noch einmal für den TV Wetzgau in der Bundesliga an die Geräte. Die Schwaben empfangen ausgerechnet den TuS Vinnhorst. „Es kann doch gar nicht besser sein“, sagte Toba.

Nach seinen ersten Einheiten als Bundesstützpunkttrainer für den Nachwuchs am Olympiastützpunkt Hannover gab es einen Empfang des Niedersächsischen Turnerbundes und des TKH für Toba. Präsident Heiner Bartling würdigte den Döhrener „für dessen großartige Lebensleistung in seinem geliebten Sport“ und räumte ein, bei dessen EM-Triumph einige Tränen vergossen zu haben.

Es gab Geschenke und eine besondere Trophäe für die Turn-Legende – die allerdings nicht für die Vitrine daheim gedacht ist: Der „Toba-Talent-Pokal“ soll künftig an junge Sportler gehen, die sich durch Leidenschaft, Engagement und Teamgeist um das Gerätturnen in Niedersachsen verdient machen. Eben das, was Andreas Toba und sein Vater Marius jahrzehntelang im NTB und TKH getan haben. „Wir haben den Vornamen daher bewusst weggelassen“, so Bartling. Erster Preisträger ist nun Andreas Toba.

André Kwiatkowski, Präsident des Landessportbundes, bezeichnete Toba als „Aushängeschild par excellence des DTB, NTB und des LSB“. Er habe mehrfach „vor dem Fernseher geheult“, wenn Toba in Aktion war. Es sind emotionale Tage.

Andreas Toba dankte allen Förderern und vor allem seinem langjährigen Trainer Adrian Catanoiu. „Wie ein zweiter Vater war er. Nur wir haben uns wahrscheinlich sogar öfter gesehen“, flachste der amtierende Meister am Reck, der eine Medaille mit dem deutschen Nationalteam mehrfach knapp verpasste. Zuletzt in Leipzig um nur 0,3 Punkte – an Toba hatte es nicht gelegen, er präsentierte sich stark und zeigte zum Abschluss die beste Reck-Übung seines Lebens. Nun macht er als Coach weiter und freut sich darauf. „Turnen ist mein Leben. Ich liebe es sehr und bin dankbar für all die Jahre. Nun gebe ich etwas zurück und will die Leidenschaft vermitteln“, so Toba.

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