Netzwerk Taubenrettung
sucht neuen Raum
Tierschutzverein muss ausziehen – weil sich eine von zwölf Mietparteien am Gurren der Tauben stört

Die Volieren müssen entfernt werden: Vereinssprecherin Lisa Nikutta vom Netzwerk Taubenrettung, das sich um junge und verletzte Tiere kümmert und dafür sorgt, dass Tauben sich weniger in der Stadt verbreiten – etwa durch den Austausch von Taubeneiern gegen Attrappen. Foto: Thore Kessal
Hannover. Seit etwa drei Jahren kümmert sich das Netzwerk Taubenrettung auf dem Dachboden eines Mehrfamilienhauses an der Podbielskistraße um junge und verletzte Tiere. Wegen des vermeintlichen Lärms klagte nun eine Mietpartei, der Verein muss sich jetzt einen neuen Standort suchen. Betroffen sind über 60 Tauben, die momentan noch in Volieren auf dem Dachboden umherfliegen.

„Wir kümmern uns hier um Tauben, die Flugtraining brauchen, weil sie jung sind oder sich einen Flügel gebrochen haben“, sagt Vereinssprecherin Lisa Nikutta. Dazu würden die Tiere in Gruppen gepackt, wo sie sich das Fliegen voneinander abschauen können. Im Schnitt können die Tiere dann nach zwei Wochen Training wieder in die Freiheit.

Doch schon im Mai muss das Netzwerk Taubenrettung den Standort räumen. Die Eigentümergemeinschaft des Mehrfamilienhauses klagte wegen der Taubenhaltung auf dem Dachboden gegen Vermieter Gert Hildebrandt, weil sich eine der zwölf Mietparteien im Haus durch den Lärm der Tauben belästigt fühlte. Das Amtsgericht Hannover entschied im Januar zugunsten der Kläger, die Taubenhilfe ist damit hier künftig untersagt.

Hildebrandt legte beim Landgericht Lüneburg Berufung ein. „Das Netzwerk ist mir total wichtig. Eine verreckende Taube lässt man nicht verrecken, man päppelt sie auf“, erklärte der Vermieter den Schritt. Jedoch zeichnete sich ab, dass die Richter des Landgerichts das Urteil nicht kippen werden, und Hildebrandt zog die Berufung zurück. „Das Mietverhältnis bleibt zwar, aber es macht ja keinen Sinn, wenn wir hier keine Tauben haben dürfen“, so Netzwerksprecherin Nikutta.

Sowohl Klage als auch Urteil sorgen bei ihr für großes Unverständnis. Laut Nikutta hätten sich die Kläger darüber beschwert, dass wegen des Vereins ständig Tauben auf dem Dach sitzen würden. Dem widerspricht Nikutta. Schließlich handle es sich dabei um Ringeltauben, also um eine andere Art. „Außerdem entlassen wir die Tauben hier gar nicht.“ Zudem haben sich die Kläger über das Gurren der Tauben beschwert. Bei einer Ortsbegehung habe die Amtsrichterin aber nur sehr leise Geräusche in der betroffenen Wohnung festgestellt.

So steht auch im Urteil: Der Kläger habe dazu angegeben, „dass zum Zeitpunkt des Ortstermins tatsächlich kein Gurren zu hören ist, die Lärmkulisse aber sonst deutlich lauter ist.“ Er bezeichnete die Situation beim Ortstermin als Vorführkulisse. Das Gericht hat jedoch laut Urteil „keine Zweifel an der Richtigkeit der Angabe des Zeugen“. Die Klägerpartei wollte dazu gegenüber dieser Redaktion keine Stellungnahme abgeben.

Netzwerksprecherin Nikutta betont die Wichtigkeit der Arbeit ihres Vereins. Nicht nur werde den Tieren geholfen, auch sorge der Verein dafür, dass sich die Tauben weniger verbreiten – etwa indem Eier aus Nestern entfernt und gegen Attrappen ausgetauscht würden.

Jetzt sucht das Netzwerk nach einem neuen Raum. Das könne auch ein Stall sein oder eine Außenfläche. Einzige Bedingung: Der Ort sollte im Stadtgebiet liegen und gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Aktuell unterhält der Verein sechs Taubenschläge in Hannover, darunter am Hauptbahnhof sowie in Linden und in Limmer. Finanziert wird die Arbeit hauptsächlich durch Spenden. Seit neun Jahren ist das Netzwerk in Hannover aktiv.

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