„Es wird der erste multireligiöse Kirchentag“
Mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher sollen vom 30. April bis zum 4. Mai 2025
zum evangelischen Kirchentag kommen, die Planungen laufen auf Hochtouren – doch es werden noch Helfer und Quartiere gesucht

Stimmungsvoll: Ein „Lichtermeer“ – wie hier bei der Kirchentags­eröffnung am 25. Mai 2005 am Hohen Ufer in Hannover – soll es auch im kommenden Jahr wieder geben.Foto: Felix Heyder
Hannover. Die Planung von Gänse­haut­momenten gehört zu seinem Job. „Vor fast 20 Jahren wurde in Hannover das Lichtermeer erfunden“, sagt Andreas Behr. Zehntausende versammelten sich 2005 bei der Eröffnung des Kirchentags mit kleinen Kerzen in den Händen am Leine­ufer. Seither ist die Inszenierung auch andernorts fester Bestandteil der großen Glaubens­festivals. „Natürlich soll es sie auch im kommenden Jahr wieder geben“, sagt Behr.Der Pastor, Referatsleiter beim Landes­kirchenamt, sitzt in seinem Büro in der Calenberger Neustadt – und er dreht ein ziemlich großes Rad. Mit einem siebenköpfigen Team ist der 53-Jährige für die Organisation des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT) mitverantwortlich. Die Mischung aus Volksfest und spirituellem Sommer­märchen ist die spektakulärste Groß­veranstaltung, die Hannover in den kommenden Jahren ausrichtet. Vom 30. April bis zum 4. Mai 2025 werden dazu mindestens 100.000 Kirchentags­besucherinnen und -besucher in der Stadt erwartet.

Auf dem Programm stehen rund 1500 Veranstaltungen in der City und auf dem Messegelände – Gottesdienste und Konzerte, politische Podien und Spielaktionen. Bereits beim Eröffnungs­gottesdienst, der zeitgleich vor dem Neuen Rathaus und auf dem Opernplatz stattfindet, sollen bis zu 40.000 Menschen dabei sein.

Beim anschließenden „Abend der Begegnung“ gibt es am 30. ­April in der kompletten Innenstadt rund 200 Bühnen und Stände von Kirchen­gemeinden und anderen Einrichtungen. Nahe der Leinewelle ist ein großer Sportparcours geplant, auf dem Ballhofplatz soll eine Tanzfläche entstehen. Ein Straßenfest der Superlative.

„Anfang Oktober war dafür Anmeldeschluss – und jetzt wird gepuzzelt“, sagt Behr. Welche Acts werden wo ihren Platz haben? Was passt thematisch zusammen? „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, erklärt der Pastor.

Beim bislang letzten Kirchentag in Hannover waren 2005 noch schätzungsweise 350.000 Menschen beim kostenlosen Begegnungs­abend dabei, der für alle offen ist; diesmal sollen es mindestens 100.000 werden. „Der Kirchentag ist nicht mehr so ein Selbstläufer wie noch vor 20 Jahren“, sagt Behr. In Nürnberg wurden 2023 noch 70.000 Tickets verkauft – deutlich weniger als in früheren Jahren. Doch noch immer können die evangelischen Events mit einer beispiellosen Fülle von Veranstaltungen punkten.

Mittlerweile kristallisieren sich die Highlights des Programms heraus, das bis zum 3. November stehen soll. Unter anderem wird es voraussichtlich in der Kreuzkirche eine „Kinder­kathedrale“ für Familien geben. In der Christus­kirche ist ein tage- und nächtelanges Rund-um-die-Uhr-Mitmachsingen geplant.

„Es wird der erste multireligiöse Kirchentag“, verspricht Landes­bischof Ralf Meister im Blick auf die zahlreichen Brücken­schläge zu anderen Glaubens­gemeinschaften. Unter anderem soll das hannoversche Haus der Religionen den Themen­schwerpunkt „Leben in Vielfalt“ über religiöse Identität mitgestalten.

„Der Bundeskanzler ist natürlich eingeladen, aber bislang hat er noch nicht zugesagt“, sagt Behr. Im Jahr der Bundestags­wahl sei es jedoch vergleichsweise leicht, Polit­prominenz zu gewinnen. „Es wird ein politischer Kirchentag werden“, prophezeit auch Meister – und erinnert an das legendäre Protestanten­treffen von 1983, bei dem von Hannover aus wichtige Impulse für die damalige Rüstungs­debatte ausgingen.

Auch in finanzieller Hinsicht ist der Kirchentag eine große Nummer: Zwischen 22 und 25 Millionen Euro kostet das Spektakel erfahrungsgemäß. Ein Teil der Summe wird über Ticket­verkauf, Einnahmen aus dem Shop und Spenden gedeckt. Hannovers Landeskirche steuert 7,6 Millionen Euro bei, die Landes­hauptstadt mehr als 4 Millionen und das Land Niedersachsen etwa 7 Millionen Euro.

Die Organisation des Kirchentags ist eine Mammut­aufgabe: „Wir brauchen insgesamt 5000 Helfer und Helferinnen“, sagt Behr – also Ehrenamtliche, die beispielsweise beim Umbau in Messehallen mit anpacken. Und dann sind da logistische Aufgaben wie die Beschaffung von Nacht­quartieren: „Etwa 19.000 Menschen werden in Gemein­schafts­unterkünften wie Schulen untergebracht, aber wir suchen noch rund 3500 private Quartiere.“

Bei den Organisatoren gilt Hannover als idealer Ort für Kirchentage: Die Stadt ist nicht so groß, dass die Veranstaltung unterginge, und nicht so klein, dass die Scharen sie überlaufen könnten. Die Kirchentags­bewegung hat hier ohnehin ein Heimspiel: Im evangelisch geprägten Hannover wurde sie 1949 begründet. Auch 1967, 1983 und 2005 gingen die großen Protestantentreffen hier bereits über die Bühne. Landesbischof Meister ist optimistisch, dass sich die Erfolgs­geschichte 2025 fortschreiben wird: „Hannover kann Kirchentag.“

Am 23. Oktober, 19 Uhr, ist Kristin Jahn, General­sekretärin des Kirchentags, in der Marktkirche beim „Wortwechsel“ mit Ober­bürgermeister Belit Onay (Grüne) zu Gast. Mehr Infos – auch für Hilfswillige, zum Anbieten von Quartieren und zu Ticketpreisen – gibt es auf

www.kirchentag.de

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