Der Ingenieur Thomas Lappe hat für uns seine alten Pläne für ein Turmcafé mit Konferenzetage herausgeholt. Und das Kreativnetzwerk Hannover spricht sich in einer Stellungnahme für eine Idee des Jungunternehmers Daniel Pflieger aus, der das Bauwerk zum „Guten Turm“ und Symbol für Nachhaltigkeit machen will. Die Stadt sucht solche Projektideen, denn sie will das markante Zeitzeugnis des Fernsehzeitalters noch nicht verloren geben, sondern mögliche Nachnutzungen in ihren neuen Masterplan für die Flächen hinterm Hauptbahnhof integrieren.
Ingenieur Lappe (59), Inhaber von Lappe Architektur im Zooviertel, hatte sich 1994 für seine Diplomarbeit mit dem Bauwerk beschäftigt. Damals war klar, dass die Telekom den alten Fernsehturm nicht mehr brauchen würde, weil sie seit 1992 den neuen Telemax am Messeschnellweg betrieb.
Kernpunkt von seinem Nachnutzungskonzept: Die 260 Quadratmeter große Nutzfläche in der Techniketage auf 72 Metern Höhe reicht für eine Nutzung nicht aus, die den Erhalt des Bauwerks finanziert. Deshalb plante der damalige Student zwei weitere Etagen darüber: eine geräumige Konferenzfläche auf gut 80 Metern Höhe und dazwischen eine Versorgungsetage, in der Küche, Toiletten und Lagerräume Platz finden sollten. Das alte Technikgeschoss wäre halböffentliches Café geworden.
Ob der Turm das Gewicht der zusätzlichen Etagen getragen hätte? Lappe lacht: „Da waren tonnenschwere Antennen montiert, das Gewicht dürfte nicht das Problem sein.“ Eher schon der Winddruck, der sich hoch über der Stadt aufbaut. „Bei Sturm schwankt der Turm um 50 Zentimeter in jede Richtung“, sagt der 59-Jährige.
Das Dilemma der Zu- und Fluchtwege hätte Lappe über einen neuen Aufzug am Turmschaft gelöst und über eine erweiterte Treppenanlage im Inneren. Wie bei Parkhausspindeln hätten zwei gegenläufige Rundtreppen parallel Auf- und Abstieg ermöglicht. „Das Problem der Fluchtwege wäre auf jeden Fall technisch lösbar“, sagt Lappe.
Ob das Projekt jemals rentabel gewesen wäre? „Auf jeden Fall wäre es vor 30 Jahren deutlich preiswerter gewesen als heute“, sagt Lappe. Die Kernidee aber, nicht nur auf einen Cafébetrieb zu setzen, sondern über Konferenzraumvermietungen zusätzliche Einnahmen zu schaffen, hält er weiter für wichtig.
Der Jungunternehmer Daniel Pflieger dagegen hat angesichts der Abrissdebatte ein Kreativkonzept zur Nachnutzung entwickelt. Seine Idee: den Turm zur Projektionsfläche für wechselnde Werbung zu machen, um deren zweimonatliche Nutzung sich weltweit Agenturen und Kunstschaffende bewerben müssten. Wenn nur die besten Ideen zum Zuge käme, werden der Turm bald „ähnlich ikonisch wie der Time Square“ in New York werden, der für seine flimmernde Werbung bekannt ist, hofft Pflieger.
Der Jungunternehmer Pflieger, der unter anderem Geocaching-Projekte in Hannover anbietet, schwebt zudem ein Bündel weiterer Einnahmequellen vor, etwa exklusive Konzerte in der Techniketage, von denen Vinylplatten gepresst und die auf Netflix gestreamt werden. Gewinne sollten für weltweite gemeinnützige Projekte verwendet werden, aber vor allem solle das Geld zum Erhalt des Turms verwendet werden. Das Kreativnetzwerk Hannover, ein Zusammenschluss von Kreativschaffenden, hat eine Empfehlung für Pfliegers Konzept ausgesprochen.
VWN, so hört man, ist allen Ideen nicht abgeneigt – so lange ihnen jemand den Turm abnimmt. Am Mittwoch will das Unternehmen erstmals öffentlich Einblicke gewähren in seine Überlegungen, warum es den Abriss des Turms vorantreibt.