Coban ist nicht abgestürzt, wie in seinem Film „Trail der Träume“ jetzt im Kino zu sehen ist. Er rannte 5170 Kilometer, 87 Ultramarathons in 87 Tagen. Er plagte sich durchs Hochgebirge, durch Dschungel und Wüste. Für einen Lauf ohne Unterstützungsteam ist das Weltrekord – auch wenn Coban glaubhaft versichert, dass er das gar nicht so genau wisse. Diesen Lauf trat der 31-Jährige gegen sich selbst an.
Aber müsste die Kinodoku nicht treffender „Trail der Qualen“ heißen? „Am Ende eines jeden Tages hatte ich ein riesiges Erfolgserlebnis“, sagt er im Videogespräch. Von den im Film unübersehbaren Strapazen ist ihm heute nichts mehr anzumerken. Körperliche Schäden habe er dank seiner „geradezu besessenen“ Vorbereitung nicht erlitten.
Gefahren gibt es genug für jemanden, der in Peru am Straßenrand schläft: „Ich habe die Gebiete von Drogenkartellen passiert. Ich bin in politische Unruhen inklusive Straßenblockaden geraten. An manchen Tagen blieb mir zum Essen kaum mehr als eine Keksrolle.“ Vieles davon ist im Film dank Cobans Aufnahmen mit Spezialkamera zu sehen.
Vergessen hat er bei seiner Aufzählung: den schweren Sonnenbrand, das verlorene Handy, die kläffenden Hunde sowie die stinkenden Sportsachen. Letztere konnte er erst wechseln, als das Kamerateam mit neuen Schuhen und einem ultraleichten Zelt für die Bergetappen zu ihm stieß. Das Zelt musste auch noch in den Rucksack. Hatte er auch mal Todesangst? „Nein, von Anfang bis Ende war ich in einem anderen Modus. Ich wusste, auf was ich mich eingelassen hatte.“
Mit seinem Abenteuer steht Coban nicht allein da: Die Welt scheint voller Menschen zu sein, die aus ihrem Alltag ausbrechen. Sie erleben es als Befreiung, durch die Wüste Gobi mit dem Rad zu fahren oder durch den Ärmelkanal zu schwimmen. Gerade war Extremsportler Jonas Deichmann zwischen New York und Los Angeles unterwegs.
Früher bezwangen Menschen die Pole oder erkletterten den Mount Everest. Heute ist alles entdeckt, bestiegen, vermessen. Dafür werden die Abenteuer immer extremer. Die Sportler und Sportlerinnen brechen aus der Leistungsgesellschaft aus und streben immer unwahrscheinlichere Leistungen an.
Was also treibt Coban an? „Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der ich nichts mit mir anzufangen wusste“, sagt er. Gelernt hatte er Personal Trainer und Fitnesskaufmann. Das war nichts für ihn: Zeitweilig habe er vom Sammeln von Pfandflaschen gelebt. Sorgenvoll habe seine aus der Türkei stammende Familie auf ihn geschaut. Dann entdeckte er seine Leidenschaft fürs Extreme. Er fuhr in einem guten Monat mit dem Fahrrad von Hamburg nach Sevilla. Er lief von München nach Istanbul.
Für das Peru-Projekt fand er Unterstützung bei einer Filmproduktionsfirma. Sie besorgte ihm die Sponsoren. Und wenn ihn nun jemand für verrückt erklären würde? „Für mich fühlte sich das alles ganz selbstverständlich an. Ich liebe, was ich tue. Ich gewinne Lebenserfahrung, bin heute viel geduldiger, ruhiger, reflektierter.“ Seine Mission sieht er auch darin, andere zu inspirieren. Damit verdient er inzwischen Geld: „Ich halte Vorträge in Unternehmen. Davon kann ich leben.“
Und das nächste Projekt? Nach der Logik des Extremsports müsste es wohl noch extremer ausfallen. Oder? „Eben nicht! Vorstellen kann ich mir eine Herausforderung, die mit Skifahren zu tun hat.“ Coban stand in seinem ganzen Leben noch nicht auf Skiern.