Kassat-Wildhagen hat den Wettbewerb „Garten-Lust“ der Stadt 2023 gleich doppelt gewonnen – er überzeugte die Jury in den Kategorien Vorgarten und Privatgarten. Wie viel Arbeit macht die Blumenpracht? „Der Garten ist so angelegt, dass er weitgehend von selber funktioniert“, verrät der Hausherr, der Hunderte Arten von Blumen und Sträuchern gepflanzt hat.
■ Tipp 1: Jede Fläche eignet sichEin schmaler Keil zwischen Garagenwand, Parkbucht und Straße. Heimat für eine Felsenbirne, Astern, Kerzenknöterich, Prachtkerzen und Katzenminze, die noch vor Kurzem üppig blau geblüht hat. „Dabei ist der Boden hier sehr trocken“, sagt Kassat-Wildhagen über seinen preisgekrönten Vorgarten. „Man kann aus jedem Fleckchen etwas machen.“ Schottergärten sind für ihn ein rotes Tuch, nicht nur wegen der miesen ökologischen Bilanz. „Sie sind nur vermeintlich pflegeleicht, nach zwei Jahren kommt das Unkraut durch.“
■ Tipp 2: Vielfalt zulassenKassat-Wildhagen streicht liebevoll über die gelben Blütenkelche einer hochgewachsenen Nachtkerze in seinem Vorgarten. „Die habe ich hier nie gesät, sie wurde angeweht.“ Sein Credo: „Vielfalt macht Gärten resilient. Die Natur ist das beste Vorbild.“ Denn Pflanzen, die sich selber ansiedelten, kämen mit den Bedingungen offenbar gut zurecht. Das sollte man zulassen.
Der 45-Jährige empfiehlt auch gebietstypische Blumenwiesen-Mixe, die auf die jeweiligen Gegebenheiten zugeschnitten sind – zum Beispiel für die norddeutsche Tiefebene. „Da stecken bis zu 80 heimische Sorten drin“. Darunter einjährige Pflanzen wie Mohn, zweijährige wie die wilde Möhre, langfristig würden sich Sorten wie Witwenblume und Johanniskraut durchsetzen. Die „Hannover-Mischung“ des Insektenbündnisses Hannover mit ihren 30 Sorten ist außerdem gut für Bienen und andere Nützlinge. Wichtig sei aber die Vorarbeit: „Der Rasen muss vorher abgetragen, der Boden aufgelockert werden.“
■ Tipp 3: HeimischeEine Reihe von heißen Sommern macht noch kein Mittelmeerklima. Kassat-Wildhagen warnt davor, auf Pflanzen aus Südeuropa zu setzen. „Im Winter kann es in Hannover auch mal minus 15 Grad haben – Olivenbäume vertragen das nicht.“ Er rät dazu, bei heimischen Pflanzen und Stauden zu bleiben: „Die sind auch gut für heimische Insekten“, erklärt er. Man könne sich auch von der Flora der nördlichen US-Staaten oder Japan inspirieren lassen. „Da passen die Breitengrade.“
■ Tipp 4: Schatten schaffenDer beste Schutz für empfindliche Pflanzen: „Bäume mit geschlossenen Kronen.“ Bei Kassat-Wildhagen streckt eine mächtige Walnuss ihre Äste über eine gemütliche Sitzgruppe und Teile der Blumenbeete. Wer neu pflanzt, braucht allerdings mehr Geduld als früher: „Junge Bäume muss man heute mindestens fünf Jahre intensiv wässern.“ Schattenareale kann man dann mit Funkien, Farnen oder Christrosen bepflanzen, die wenig Sonne brauchen.
■ Tipp 5: Intensiv,Kassat-Wildhagen hat die Pflanzen in seinem Garten gut erzogen. „Ich bin im Frühjahr geizig mit Wasser“, erklärt er seine pädagogische Maßnahme, damit die Blätter nicht zu groß und saftig werden. „Masse ist nicht gleich Klasse.“ Nur einmal pro Woche gießt er bei anhaltender Trockenheit im Frühjahr, dafür aber intensiv. „Das Wasser muss in die Tiefe gehen, sonst breiten sich die Wurzeln der Pflanzen nah an der Oberfläche aus.“ Die Vorteile: Die Pflanzen gewöhnen sich daran, und unterm Strich spare man Wasser – und Zeit. Auch im Sommer gelte: durchdringend, aber nicht zu häufig gießen. „Und möglichst in den Morgenstunden. Die Pflanzen brauchen das Wasser tagsüber. Um Pilzkrankheiten vorzubeugen, ist es gut, wenn die Blätter schnell trocknen. Und abends freut Gießwasser die Schnecken.“ Ideal sei ein System mit Tröpfchenbewässerung direkt in die Erde.
■ Tipp 6: Natürlich düngenAuch ein ausgebildeter Staudengärtner hat mal Pech: Die Gemüseecke im Garten ist in diesem Jahr den Maikäferlarven zum Opfer gefallen. Ansehnlich ist das Beet trotzdem, denn kniehoch blüht hier der Senf. „Mein Gründünger. Sieht gut aus und kann man auch im September noch aussähen“, sagt Kassat-Wildhagen. Die Wurzeln der Senfpflanzen lockern den Boden und machen ihn durchlässig. Im Frühjahr kann man die verdorrten Reste einfach kleinschneiden und dann in den Boden einarbeiten. Für mageren Boden helfen auch Klee oder Wicken – „sie bringen Nährstoffe“.
■ Tipp 7: Rasen bunt machenWer sich in Kassat-Wildhagens Garten bückt, sieht einen kunterbunten Rasen: Klee wächst hier („der ist noch grün, wenn das Gras schon verdorrt“), die lila Heilpflanze Gundermann bricht an vielen Stellen durch, Günsel bringt Farbe ins Grün. „Englischen Rasen gibt es nur unter perfekten Bedingungen, wenn es viel regnet.“ Was man als Gartenbesitzer tun kann: „Lang mähen auf fünf Zentimeter, im Schatten auch sechs Zentimeter. Regelmäßig mähen, damit die Gräser im unteren Bereich nicht blass werden. Kurzes Schnittgut liegen lassen, es ist ein natürlicher Dünger und hält den Rasen feucht.“
■ Tipp 8: Die richtigenAuch im schönsten Garten der Stadt gibt es eine verdorrte Pflanze – in einer Ecke steht eine Hortensie. „Sie ist ein Säufer“, sagt Kassat-Wildhagen über den Wasserbedarf. „Sie hat keine Zukunft in unserem Land.“ Anders Lavendel oder Salbei, Katzenminze, der Zierlauch Allium oder Steinquendel. Generell gelte: „Pflanzen mit großen, grünen Blättern brauchen mehr Wasser als solche mit grauen und kleinen Blättern.“ Dickblattgewächse wie die Fette Henne speichern die Feuchtigkeit und halten drei Wochen ohne Wasser durch. „Sie ist nicht totzukriegen.“
■ Tipp 9: Das Schönheitsideal anpassen„Edelrosen sind oft kompliziert. Die Züchtung zielt auf große, imposante Blüten.“ Die seien dann anfälliger für Mehltau oder sogenannten Rost. In Kassat-Wildhagens Garten steht zwei Meter hoch eine Strauchrose der Sorte Mozart mit kleinen Blüten. „Sie hat gerade die zweite Blüte, ist ein Tiefwurzler und zehrt lange von Wasser.“
■ Tipp 10: Im Herbst„Mein Tipp für faule Gärtner: Im Herbst einfach alles stehen lassen.“ Natürlich steckt auch wissenschaftliche Erkenntnis hinter diesem Aufruf zur Bequemlichkeit. „Jeder Wassertropfen ist wie eine Explosion, wenn er auf Erde trifft. Das führt zur Erosion des Bodens“, erklärt Kassat-Wildhagen. Wer bis zum Frühjahr warte, habe außerdem weniger Arbeit, weil die Blütenstände dann zusammengesunken seien – „es ist weniger Masse“. Und die könne man nach dem Schnitt auch auf dem Boden lassen und als Mulch benutzen. Oder kompostieren. „Was im Garten wächst, sollte auch im Garten bleiben.“