Gärtnern lohnt sich auf vielen Ebenen
Höhenunterschiede klingen nach Schwierigkeiten und viel Arbeit, doch wer sie gestalterisch nutzt, bereichert damit den Garten – Selbst ein ursprünglich ebenes Grundstück kann davon profitieren

Unterschiedliche Ebenen ermöglichen, einen Garten größer undinteressanterwirken zu lassen.Foto: Imago/Yakhin Marat

Ob der Blick auf ein erhöhtes Beet fällt oder man erhaben von oben auf Haus und Garten blickt – Höhenunterschiede können zum gestalterischen Rückgrat werden. Bei Grundstücken in Hanglage sind sie ohnehin vorhanden, sie lassen sich aber auch bewusst herbeiführen. Manchmal entstehen Höhenunterschiede auch durch andere Projekte und Baumaßnahmen: Bevor der dabei anfallende Erdaushub kostenpflichtig entsorgt wird, lohnt es sich zu überlegen, ob man ihn vielleicht nicht doch besser zum Modellieren des Geländes nutzen könnte.

Den Blick vom Garten aus schweifen zu lassen, das gehört zu den Pluspunkten eines Gartens am Hang. Auch wenn das Grundstück klein ist, wirkt es durch die Aussicht dann größer – und die Landschaft, die ja eigentlich gar nicht mehr zum eigenen Grundstück gehört, wird so optisch zu einem Teil des Gartens. Wirklich genießen lassen sich derartige Lagen aber nur, wenn der Garten auch nutzbar und zumindest teilweise terrassiert ist. Je nach Hangprofil stehen am Anfang mehr oder weniger intensive Erdarbeiten, die von Profis geplant und umgesetzt werden sollten. Damit eine Mauer stützt, statt rutscht, ist Wissen über technisch erforderliche Bauweisen ebenso nötig wie geschulte Arbeitskräfte und geeignete Baumaschinen.

Das Prinzip, einen Garten auf mehreren Ebenen zu modellieren und dadurch förmlich Land zu gewinnen, funktioniert nicht nur auf Hanggrundstücken mit Ausblick. Auch innerhalb eines eher flachen Gartens ergeben sich auf diese Weise interessante Perspektiven. Für ein nur um wenige Zentimeter erhöht liegendes Sonnendeck sind gar keine Erdarbeiten nötig. Trotzdem wird das Deck in seiner Bedeutung betont – und man bekommt förmlich den Überblick. Umgekehrt vermitteln tiefer liegende Bereiche eines Gartens all denjenigen Geborgenheit und Privatheit, die dort Platz nehmen.

Der Anlass für das Modellieren eines Geländes ist oft zufällig. Wenn ein Teich gebaut oder ein Keller abgeböscht werden soll, liegen in der Erde, die sich nach dem Ausheben einer Grube auftürmt, zuweilen gestalterische Chancen. Wie sie konkret genutzt werden könnten, wird natürlich schon überlegt, bevor die Bagger anrücken. Abhängig von der Menge der Erdmassen und den Möglichkeiten vor Ort beurteilen Garten- und Landschaftsbauprofis, ob zumindest ein Teil der Erde auf dem Gelände weiter genutzt werden kann. Die Bodenqualität und -beschaffenheit ist dabei ebenfalls ein wichtiges Kriterium: Die obere und wertvolle Schicht von rund 30 Zentimetern, der Mutterboden, lässt sich als Erde für erhöhte Pflanzflächen verwenden. Tiefere Schichten kommen zum Verfüllen und Modellieren zum Einsatz.

Unterschiedliche Ebenen ermöglichen, einen Garten größer und interessanter wirken zu lassen. Auf eine Formel gebracht: Diese Höhenunterschiede gliedern die Fläche, ohne sie zu zerteilen. Und sie ermöglichen multifunktionale Nutzungen, die auf kleiner Fläche naturgemäß besonders wichtig sind: Wo der Höhensprung rund einen halben Meter beträgt, können Stütz- oder Einfassungsmauern bei Bedarf als Sitzgelegenheit dienen. Mit aufgelegten Polstern oder Kissen werden diese funktionalen Elemente zu Bänken, die sich das ganze Jahr über unauffällig und platzsparend in den Garten integrieren. Eine zusätzliche Attraktion, die sich auf modelliertem Gelände naturgemäß gut umsetzen lässt, ist Wasser. Brunnen können in Mauern eingebaut werden, oder Wasserspiele plätschern von einer Ebene in ein Bassin der tieferen Ebene. Das braucht kaum Fläche, sorgt aber für sehr viel Atmosphäre und kühlt zudem bei Hitze.

Höhenunterschiede strukturieren die Flächen nicht nur, sondern bieten den Hauptdarstellern eines Gartens, den Pflanzen, unterschiedliche Wachstumsbedingungen. So ist auf kleinen Flächen oft eine große Pflanzenvielfalt möglich. Terrassen, deren Mauern von der Sonne erwärmt werden, sind für mediterrane Gewächse wie beispielsweise Rosmarin ein optimaler Standort. Durch erhöhte Beete ist es den Gartenbesuchern zudem möglich, Stauden und Gehölze aus ungewohnter Perspektive zu betrachten. Umgekehrt bieten auch tiefer liegende Flächen durch ihre windgeschützte Lage empfindlichen Pflanzen Vorteil.

Das Prinzip, eine Bühne und vielfältige Standorte für Pflanzen zu schaffen, perfektionieren die sogenannten Senkgärten. Diese sind sehr oft rechteckig gestaltet, über Stufen erschlossen und auf mehreren Ebenen zur Mitte hin abgesenkt. Im Zentrum liegt häufig ein kleines Wasserbassin, das diesen Gärten zusätzliche Tiefe verleiht. Besonders gut nachempfinden lässt sich die Atmosphäre solcher Gestaltungen im berühmtesten Beispiel, dem Karl-Foerster-Garten in Potsdam. Der öffentlich zugängliche Garten lädt zum längeren Verweilen ein. Denn die unterschiedlichen Blickwinkel der im Garten verteilten weißen Holzbänke überraschen.

Wer auf jeder von ihnen in Ruhe Platz nimmt und sich umschaut, wird die mit Phlox, Sonnenhut und weiteren Stauden bepflanzten Beete jeweils aus einer anderen Perspektive erleben.

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