Der neue medizinische
Bereitschaftsdienst 116117 ist gestartet

Hannover. Seit einigen Wochen greift beim ärztlichen Bereitschaftsdienst in Niedersachsen ein neues System. Die Kassenärztliche Vereinigung (KVN) setzt dabei auf mehr Telemedizin, sprich: Beratung aus der Ferne. Das soll den Patienten schnellere Hilfe verschaffen und die Ärztinnen und Ärzte insbesondere von Hausbesuchen entlasten.■ Wer sollte die 116117 rufen – und wer die 112?

In lebensbedrohlichen Notfällen sollte der Rettungsdienst unter der 112 gerufen werden. Bei kleineren Beschwerden, mit denen man sonst in die Arztpraxis gehen würde, sollen Patientinnen und Patienten hingegen die 116117 wählen. Der ärztliche Bereitschaftsdienst hilft außerhalb der Sprechstundenzeiten und ist rund um die Uhr erreichbar.

■ Wie funktioniert die 116117 in Niedersachsen seit der Reform?

Zunächst erfolgt am Telefon eine Ersteinschätzung der Symptome. Sollte diese zeigen, dass eine zügige Behandlung notwendig ist, und keine Weiterleitung in eine Praxis möglich sein, werden die Anrufer jetzt immer mit einem Telemediziner oder einer Telemedizinerin verbunden – laut KVN innerhalb von 30 Minuten, und zwar per Telefon oder Videocall.

Das soll den Anrufern einen schnellen ärztlichen Kontakt ermöglichen. Erst, wenn der Telearzt einen Hausbesuch für notwendig erachtet, wird der medizinische Fahrdienst hinzugezogen, zuständig sind die Johanniter. Nach Angaben der KVN ist das Verfahren in dieser Form bundesweit einmalig.

■ Wer übernimmt die Ersteinschätzung meiner Beschwerden?

Die Anrufer der 116117 landen in einem Callcenter. Dort nehmen laut KVN medizinisch vorgebildete Servicekräfte wie Arzthelferinnen oder Rettungssanitäter die medizinische Ersteinschätzung vor.

■ Machen Ärztinnen und Ärzte jetzt überhaupt noch Hausbesuche?„Ja – selbstverständlich“, sagt KVN-Sprecher Detlef Haffke. Wenn der Telemediziner entscheidet, dass ein Hausbesuch notwendig ist, schicken die Johanniter einen Arzt oder eine Ärztin oder auch ein Team von Gesundheitsfachkräften auf die Reise. Die Fachkräfte können etwa Sanitäter oder Pflegekräfte sein.■ Wie viele Ärztinnen und Ärzte sind wann in Bereitschaft?

Pro Schicht sind in Niedersachsen zwölf Ärztinnen und Ärzte im Einsatz. Hinzu kommen 20 bis 24 Gesundheitsfachkräfte der Johanniter, wie die KVN mitteilt.

Für den fahrenden Bereitschaftsdienst gelten folgende Zeiten: Montag, Dienstag und Donnerstag von 19 bis 7 Uhr, Mittwoch und Freitag von 15 bis 7 Uhr, Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen, Heiligabend und Silvester von 8 bis 7 Uhr.

■ Wie sind die ersten Erfahrungen?

Die KVN ist mit den ersten Wochen zufrieden: In drei von vier Fällen könnten bereits die Telemediziner den Anrufern abschließend helfen. „Bisher gab es keine Beschwerden von Patientinnen und Patienten“, sagt KVN-Sprecher Haffke. Die Ärztinnen und Ärzte befürworteten das Modell zudem, weil sie den Fahrdienst nicht mehr zwangsweise übernehmen müssen. Die Belastung des Bereitschaftsdiensts habe dank der Reform abgenommen.

■ Wie viele Anrufe gehen bei der 116117 für Niedersachsen ein?

Pro Woche gibt es laut KVN im Schnitt rund 15.000 Anrufe bei der 116117 im Bereich des Bereitschaftsdienstes.

■ Wie viele Hausbesuche gab es vor und nach der Reform?

Vor der Reform kamen die Ärztinnen und Ärzte nach Angaben der KVN auf rund 3400 Patientenbesuche pro Woche im fahrenden Bereitschaftsdienst. Seit der Umstellung gab es demnach hingegen nur noch rund 950 Patientenbesuche pro Woche durch die Johanniter-Teams.

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