42.000 Menschen feierten kürzlich in der Heinz von Heiden Arena zu den Klängen der US-Band Linkin Park. Was viele Fans dabei kaum bemerkten: Während sie die Bühne im Blick hatten, wurden sie selbst beobachtet – vom Veranstalter Hannover Concerts. Seit diesem Jahr setzt das Unternehmen bei Open-Air-Veranstaltungen erstmals flächendeckend auf Videoüberwachung.
„Die Videoüberwachung dient in erster Linie der Kontrolle der Einlasssituation sowie der frühzeitigen Erkennung möglicher Gefahrensituationen“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Beim Linkin-Park-Konzert kamen vier mobile Videotürme mit je drei Kameras zum Einsatz. Auch beim NDR2-Plaza-Fest, bei der N-JOY Starshow und dem Slipknot-Konzert wurde die Technik bereits genutzt. Zu einem konkreten Vorfall, bei dem eine Straftat durch die Kameras verhindert oder aufgeklärt worden wäre, sei es bislang jedoch nicht gekommen. Hannover Concerts habe die Polizei Hannover über die neuen Kameraanlagen informiert.
Der rechtliche Rahmen für Videoüberwachung ist in Deutschland klar umrissen – und relativ streng. Für private Veranstalter wie Hannover Concerts gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie erlaubt eine Überwachung, wenn es ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ gibt. Das kann etwa vorliegen, wenn es in der Vergangenheit konkrete Vorfälle gab oder ein erhöhtes Sicherheitsrisiko nachweisbar ist – etwa bei besonders großen Menschenmengen, gefährdeten Künstlern oder in Zusammenhang mit Alkoholkonsum und Aggressionen. Reine Vermutungen oder ein allgemeines Unsicherheitsgefühl reichen nicht aus.
Wie schwer ein solches Interesse wiegt – und ob es die Grundrechte der Besucher überwiegt –, muss im Einzelfall von Gerichten bewertet werden. Ob eine Videoüberwachung datenschutzkonform ist, lasse sich nie pauschal beantworten, teilt die Pressestelle des Landesdatenschutzbeauftragten in Niedersachsen auf Anfrage mit. Der Veranstalter müsse seinen Sicherheitsbedarf konkret begründen können – am besten mit belegbaren Erfahrungen. Bislang sei in Bezug auf Hannover Concerts dort keine Beschwerde eingegangen.
Sobald Menschen auf den Aufnahmen eindeutig zu erkennen sind – etwa durch ihr Gesicht oder durch Bewegungsmuster –, gelten die Bilder als personenbezogene Daten. Damit greifen die Regeln des Datenschutzrechts. Wer solche Daten verarbeiten will, benötigt eine gesetzliche Grundlage und muss bestimmte Vorgaben einhalten – etwa zur Speicherdauer, zum Zugriff und zur Zweckbindung.
Hannover Concerts sieht sich auf rechtlich sicherem Boden. „Die Livebilder werden ausschließlich von einem Mitarbeiter von Hannover Concerts sowie dem Projektleiter des beauftragten Sicherheitsdienstes überwacht“, teilt der Sprecher mit. Die Daten würden maximal 72 Stunden gespeichert – es sei denn, es liege ein Ermittlungsverfahren vor. Besucherinnen und Besucher stimmten mit Betreten des Veranstaltungsgeländes der Videoaufzeichnung zu.
Dass Videoüberwachung nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch des Rechts ist, zeigt ein Fall aus Hannover: 2022 klagte ein Bürger gegen die Kameras der Polizei auf dem Weihnachtsmarkt in der Altstadt. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab – mit Verweis auf die potenzielle Terrorabwehr. Anders als bei der Polizei greift bei privaten Veranstaltern wie Hannover Concerts jedoch nicht das Polizei- und Ordnungsrecht, sondern ausschließlich die DSGVO.
Die nächste Großveranstaltung mit Überwachung wird das Robbie-Williams-Konzert am 30. Juni. Auch dann gilt: Die Kameras laufen – ob man hinsieht oder nicht.
Der Konzertveranstalter Hannover Concerts überwacht seit diesem Jahr Veranstaltungen mit Kameraanlagen. Das soll Straftaten verhindern und aufklären.