Zum einen hilft diese Reihenfolge, weniger Kalorien zu sich zu nehmen: „Mit einem frischen Blattsalat oder auch mit Gemüserohkost lässt sich der erste Hunger vor einer Mahlzeit dämpfen“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Salat hat nämlich wenig Energie, dafür aber ein großes Volumen, das den Magen füllt. Das hat zur Folge, dass der Appetit auf kalorienreiche Pasta, Pizza und Co. nachlässt.
Auch in Bezug auf den Blutzuckerspiegel wirkt sich ein vorgezogener Rohkostgang günstig aus. Man kann nämlich davon ausgehen, dass die „Blutzuckerspitzen“ geringer ausfallen, wenn man Kohlenhydrate erst am Ende der Mahlzeit zu sich nimmt. Ballaststoffreiche Speisen wie Salat verhindern, dass der Magen schnell entleert wird. „Kohlenhydrate, die darauf liegen, gelangen später in die unteren Darmabschnitte, wo die Glukose aufgenommen wird“, erklärt Thomas Skurk, Professor für Ernährungsmedizin an der TU München. Von einem verlangsamten Blutzuckeranstieg profitieren nicht nur Diabetikerinnen und Diabetiker, sondern auch gesunde Menschen. „Wir wissen, dass Blutzuckerspitzen immer zu metabolischem Stress im Körper führen können“, sagt Skurk. Langfristig können sie das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen und Diabetes erhöhen und Alterungsprozesse beschleunigen.
Aber nicht nur Ballaststoffe, sondern auch fett- und und proteinreiche Speisen verlangsamen die Magenentleerung. Theoretisch ist es daher sinnvoll, alle Komponenten einer Mahlzeit in einer bestimmten Reihenfolge zu sich zu nehmen: zuerst Salat und Gemüse (Ballaststoffe), dann Fisch oder Fleisch (Proteine) und zuletzt Nudeln, Reis oder Kartoffeln (Kohlenhydrate). So ähnlich sieht es auch der Ernährungsansatz Nutrient Sequencing vor, der seit kurzem von sich reden macht. „Zu verkopft sollte man die Sache aber nicht angehen“, wendet Skurk ein. „Essen sollte auch Spaß machen.“ Hinzu kommt, dass sich entsprechende Ratschläge im Alltag oft schwer umsetzen lassen – in den derzeit beliebten Bowls oder One-Pot-Gerichten etwa ist alles miteinander vermischt.
Vor allem Menschen, die bereits einen Prädiabetes haben, profitieren davon, Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Das erfordert laut Skurk ein ganzes Bündel an Maßnahmen. „Einfach die Reihenfolge beim Essen zu ändern, wird nicht zum Ziel führen“, betont er. Auch die Zeit, die man sich für Mahlzeiten nimmt, spielt unter anderem eine Rolle. Langsames Essen und längeres Kauen führen nicht nur dazu, dass sich schneller ein Sättigungsgefühl einstellt, sondern dass der Blutzuckerspiegel langsamer ansteigt. Und natürlich ist auch wichtig, um welche Lebensmittel es sich im Einzelnen handelt: „Man muss den Glykämischen Index berücksichtigen“, sagt Skurk. Dieser Wert zeigt an, wie stark die Kohlenhydrate eines Lebensmittels den Blutzuckerspiegel erhöhen. Noch wichtiger ist die glykämische Last, die auch die Menge an Kohlenhydraten berücksichtigt, die ein Lebensmittel enthält. Einen hohen Wert erreichen zum Beispiel Jasminreis, Baguette und Cornflakes. Wissenschaftliche Daten liefern Hinweise darauf, dass Nutrient Sequencing einen positiven Effekt hat. Eine 2023 veröffentlichte Analyse von elf Studien kam zu dem Schluss, dass die Blutzuckerwerte tendenziell geringer ausfallen, wenn bei einer Mahlzeit die Kohlenhydrate zuletzt gegessen werden.
Eine japanische Forschergruppe, die gesunde Personen Reis sowie fett- und proteinreiche Gerichte in verschiedenen Reihenfolge zu sich nehmen ließ, bestätigte die Ergebnisse. Auch hier zeigte sich, dass der Blutzuckeranstieg am geringsten war, wenn der Reis, also die Kohlenhydrate, als letztes folgte.
Die Kombination von Speisen kann sich auch darauf auswirken, wie gut der Körper einzelne Nährstoffe verwerten kann. Das spielt vor allem bei Eisen aus pflanzlichen Quellen eine Rolle. „Die Aufnahme und Verwertung von pflanzlichem Eisen kann durch die Bindung an andere Pflanzenbestandteile gehemmt werden“, erklärt Restemeyer. Dazu zählen unter anderem Polyphenole, wie sie in Schwarztee und Kaffee vorkommen. „Deshalb sollte man vor und während den Mahlzeiten keinen Tee oder Kaffee trinken.“ Einen gegenteiligen Effekt erreicht man zum Beispiel mit Orangensaft: Vitamin C erleichtert die Aufnahme von pflanzlichem Eisen.
Immer mehr Menschen in Deutschland erkranken an Diabetes, die meisten davon an Typ-2-Diabetes. Dieser Krankheit lässt sich durch folgende Maßnahmen gezielt vorbeugen:
■ Risiken erkennen: Bewegungsarmut, Übergewicht und familiäre Vorbelastung erhöhen die Gefahr, an Diabetes zu erkranken. Wie hoch das Risiko ist, kann man testen, zum Beipsiel mit dem Deutsche Diabetes-Risiko-Test: https://drs.dife.de/
■ Bewegung: Eine halbe Stunde Sport pro Tag sollte mindestens sein – etwa Radfahren, zügiges Gehen, Joggen oder Schwimmen.
■ Gewichtskontrolle: Übergewicht, vor allem Bauchfett, erhöht das Krankheitsrisiko entscheidend. Daher bringt es schon eine Menge, wenn man ein bisschen abnimmt.
■ Ernährung: Empfohlen wird eine abwechslungsreiche, pflanzenbasierte Ernährung, die wenig Salz und Zucker enthält. Insbesondere wirken sich Ballaststoffe, wie sie zum Beispiel in Vollkornprodukten enthalten sind, günstig auf Blutzucker- und Blutfettwerte aus.