Wollen eine gute Zeit haben
Stricken im Kino: Der Trend aus Skandinavien hat mittlerweile auch Hannover erreicht.

Im Astor klappern die Nadeln: Assiya Mankossova (links) hat Strick-Influencerin Katharina Dietze über YouTube kennengelernt und ins Strick-Kino eingeladen.Foto: Jonas Dengler
Hannover. Die richtigen Könnerinnen müssen nicht einmal den Blick von der Leinwand abwenden. Mit hohem Tempo und sicheren Griffen führen sie die Nadeln und die Wolle. Mützen, Socken und Tücher gewinnen an Form, während in Kino 7 des Astor Grand Cinemas an der Nikolaistraße der Film „Der Pinguin meines Lebens“ läuft. 130 Strickbegeisterte – es sind nahezu ausschließlich Frauen – sind gekommen, um an diesem ungewöhnlichen Ort zusammen ihrem Hobby nachzugehen.

Wobei: Marion Kösel findet es gar nicht so ungewöhnlich, beim Schauen eines Filmes zu stricken. „Es ist halt ein großer Fernseher. Und beim Fernsehen stricke ich zu Hause auch.“ Ein Problem sei das nicht – solange man keine allzu komplizierten Muster anfertigen wolle.

Kösel ist schon zum zweiten Mal beim Stricken im Astor-Kino dabei. Sie hat bereits bei der Premiere der Veranstaltung im März mitgemacht. „Damals war ich vor allem auf den Film ‚Bridget Jones‘ scharf. Aber es hat mir total gut gefallen. Ich habe gleich zwei Frauen kennengelernt, mit denen ich mich auch danach schon getroffen habe“, erzählt die Langenhagenerin. Diesmal hat sie gleich ihre Freundinnen Petra Ehrenberg und Gudrun Marquardt mitgebracht. „Ich bin gespannt, was passiert“, sagt Ehrenberg. Der Begrüßungsdrink jedenfalls kam schon mal gut an bei dem Trio.

Stricken im Kino: Der Trend kommt eigentlich aus Skandinavien. Immer mehr Kinos greifen diesen auch in Deutschland auf. Malina Ludwig, die schon seit Anfang des Jahres über die Instagram-Gruppe „knitandconnect.hannover“ Stricktreffen organisiert, hatte den Kontakt zum Astor Grand Cinema gesucht. Mit Erfolg. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell klappt“, berichtet Ludwig.

„Es geht darum, die Leute zu vernetzen und in Gemeinschaft zu stricken.“ Die Zielgruppe ihres Instagram-Kanals sei eigentlich zwischen 20 und 35 Jahre alt. Beim Stricken im Kino ist das Publikum hingegen deutlich gemischter. Zumindest, was das Alter angeht. „Das ist eine schöne Gelegenheit, sich auch zwischen den Generationen auszutauschen“, meint Ludwig. Und sie versichert: „Auch Männer sind herzlich willkommen. Wir freuen uns, wenn sie kommen.“

Paul Grothaus darf vor dem Hintergrund dieses Wunsches wohl als Nachwuchshoffnung gelten. Der Elfjährige ist mit seiner Mutter Oksana dabei. „Den Film wollte ich schon immer mal schauen“, erzählt er. Allerdings hat der Schüler auch Strickzeug dabei und arbeitet mit geübten Griffen an einer Mütze. „Die ist für einen älteren Mann aus unserem Fischereiverein, der immer etwas mit uns unternimmt.“ Oksana Grothaus arbeitet als Lehrerin. Sie hat festgestellt, dass Handarbeiten sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen ankommen: „Ich habe eine vierte Klasse, die häkeln derzeit alle mit Begeisterung Mützen.“

Assiya Mankossova und Ekaterina Dietze sind gekommen, um „eine gute Zeit zu haben und andere Strickerinnen kennenzulernen“, sagt Dietze. Sie haben es sich schon früh in den Kinosesseln bequem gemacht. „Das soll richtiges Wohlfühlkino sein. Wir möchten eine angenehme Atmosphäre schaffen. Einen Horrorfilm würden wir zum Stricken nicht zeigen“, erklärt Jessica Nebelung, die stellvertretende Leiterin des Astor-Kinos. Sie hat festgestellt, dass viele Einzeltickets für die Aktion verkauft werden. Diese sei eine gute Gelegenheit, um neue Leute kennenzulernen. „Wir möchten das als feste Veranstaltungsreihe etablieren“, kündigt Nebelung an.

Der nächste Termin steht schon fest: Am 25. Mai wird im Astor-Kino zum Klassiker „Dirty Dancing“ gestrickt.

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