Mirjam Prahst Martínez macht klare Ansagen. Freundlich, aber bestimmt. Die Top-Schwimmerin von Hannover 96 ist eine Frohnatur. Da war der Weg zur Athletensprecherin für Special Olympics Deutschland nicht weit. Damit ist Prahst Martínez eine gut hörbare Stimme der weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung.
Die Wedemärkerin will aber nicht nur reden, schließlich ist sie in erster Linie Sportlerin. Vom 4. bis 6. Juni stehen in Hannover die Landesspiele der Special Olympics an. Für Prahst Martínez ist das der erste Schritt auf dem Weg zu den World Games 2027 in Santiago de Chile. „Klar will ich da gern dabei sein. Ich freue mich schon“, sagt die 37-Jährige.
Fast täglich trainiert die mehrfache Goldmedaillengewinnerin auf nationaler Ebene und Europameisterin. Aber es geht nicht nur ins Schwimmbecken. Auch Physiotherapie ist sehr wichtig. „Das ist natürlich sportartspezifisch. Und hilft, um die allgemeine Mobilität zu erhalten“, sagt Annika Jasko von der Praxis Happy Physio in Ahlem. Mit Geschäftspartnerin Pia Steckel kümmert sie sich um Prahst Martínez, deren Mutter Marina Trainerin der Handicap-Schwimmer von 96 ist.
Jasko ist zudem ehrenamtliche Therapeutin von Special Olympics Deutschland. Sie war mit Prahst Martínez bei den Special Olympics World Games 2023 in Berlin. „Das mit Mirjam zu erleben, war Gänsehaut pur. Sie ist ein emotionaler Mensch, freut sich an den Begegnungen mit anderen. Und sie tanzt gern – da war die Athletendisco natürlich super.“
Bei den Nationalen Spielen der Special Olympics in Berlin zog Prahst Martínez im Jahr 2022 Gold über 50 Meter Schmetterling, Bronze über 200 Meter Lagen und Bronze über 200 Meter Freistil an Land. Bei den World Games im Jahr darauf war Bronze mit der 4×50-Meter-Freistilstaffel ihr größter Erfolg. Es gab unter anderem einen großen Empfang in Hannover bei Ministerpräsident Stephan Weil. Prahst Martínez schwimmt Wettkämpfe, seit sie neun Jahre alt ist. Im Wasser fühlt sie sich wohl, probiert allerdings gern andere Sportarten aus. Wie zum Beispiel Rudern. „Untergehen kann ich dabei nicht. Ich kann ja schwimmen“, sagt sie lächelnd. Ob Skifahren oder Rollstuhl-Badminton: Berührungsängste hat die 96-Sportlerin keine. Sie wurde als Frühchen geboren und hat eine Narbe auf dem Stammhirn, leidet damit an einer sehr seltenen Form der Dystonie. Die kann Spastiken auslösen, die bei der Deutsch-Spanierin meist die rechte Körperseite betreffen. Sie sitzt dann im Rollstuhl. Rücken und Delfin sind ihre liebsten Lagen: „Das Schwimmen ist sozusagen mein Beruf.“
Den Sport für Menschen mit Beeinträchtigung bekannter zu machen, ist Prahst Martínez ein großes Anliegen. Als Athletensprecherin ist sie für Special Olympics Niedersachsen schon seit drei Jahren im Einsatz. „Sie macht das hervorragend und setzt sich sehr engagiert für die Belange der Sportlerinnen und Sportler ein“, lobt Elisabeth-Gebler, die beim Landesverband Niedersachsen für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Wenn es sein muss, sie beispielsweise etwas nicht gut versteht, drängt Prahst Martínez zudem auf einfache Sprache. „Darum geht es ja maßgeblich bei Teilhabe“, so Gebler.
Über den Landesentscheid Anfang Juni qualifizieren sich die Athleten für die nationalen Wettkämpfe im nächsten Jahr im Saarland. „Ich habe ganz gute Chancen“, sagt Mirjam Prahst Martínez, die auch Vizepräsidentin von Special Olympics Deutschland ist. Das sieht Gebler ebenso: „Im Schwimmen ist die Konkurrenz zwar ziemlich groß. Aber wir hoffen, dass Mirjam in Chile dabei sein wird. Als Athletensprecherin und als Athletin.“