Markthallengeschäftsführer Gerhard Schacht dürfte dieser Blick von außen gefallen. Denn zuletzt wurde über den Mix in der Markthalle diskutiert. Britta Stamer verkaufte bis Ende 2024 an ihrem 17-Quadratmeter-Stand 400 verschiedene Sorten Tee. Sie findet: „Nur mittags ist was los, Einzelhandel lohnt sich hier nicht mehr.“ Die Markthalle werde als Kantine wahrgenommen.
Das ist auch der Begriff, den Jassi Ezze benutzt, der in der Nähe arbeitet und in seiner Mittagspause bei „All vegan“ ein Gemüsegericht bestellt. „Schnell, frisch und günstig“, finde er das gastronomische Angebot, er decke sich hier aber auch mit Lebensmitteln ein. „Oft bin ich sogar zweimal am Tag da“, erzählt der 50-Jährige, der morgens mit einem Kaffee bei „Il Monello“ startet.
Auch Rainer Hoffmann (63) ist Stammgast. „Mich fragen die Leute schon, ob ich ein Zimmer hier habe“, scherzt der pensionierte Feuerwehrmann, der mit einer Kollegin bei „Amorosa“ sitzt. „Das ist der klassische Treffpunkt in Hannover, man lernt immer wieder neue Menschen kennen“, schwärmt er. Helga Schaller pflichtet ihm bei. „Die Markthalle hat dieses Flair“. Viel hat hier mit Tradition und Ritualen zu tun. „Das ist mein Hafen“, sagt Hoffmann über „Amorosa“, das seit 1984 italienische Feinkost, Kaffee und Pasta bietet.
2026 feiert Fleischerei Klemme 60. Geburtstag. „Ich stehe seit 43 Jahren hier“, sagt Inhaberin Karen Klemme. Sie schlägt aber auch kritische Töne an – weil sie den Vergleich zu früheren Zeiten zieht. „Der fällt leider negativ aus“, sagt sie. Früher sei die Markthalle eine feine Adresse für den kompletten Einkauf gewesen. „Ich wünsche mir mehr Einzelhandel. Und vor allem gute Qualität. Das setzt sich dann auch durch.“
Arndt Meyer verkauft seit 2015 Käsespezialitäten, hat 500 Sorten im Angebot. „Zu uns kommen 90 Prozent Stammkunden. Aber das Halligalli hat zugenommen“, sagt er in Anspielung auf die erweiterten Öffnungszeiten am Donnerstag und Freitag bis 22 Uhr. Laut Geschäftsführer Gerhard Schacht sind in der Markthalle mehr Quadratmeter mit Einzelhandel belegt als mit gastronomischen Angeboten, „das ist keine Fressmeile“, betont er.
„Wir brauchen mehr junges Publikum und besondere Angebote“, findet Klemme, die bedauert, dass ein cooles Angebot wie die Hotdogs des dänischen Stands „Aelling“ wieder verschwunden sind. Dass Schacht nun eine Agentur beauftragt hat, Social-Media- und Marketing-Kampagnen zu starten, schätzt sie sehr. „Besser spät als nie. Das ist die Zeit.“
Das sieht auch „Amorosa“-Chef Abbas Safie so, dessen Stand ein Markthallen-Urgestein ist. Aber auch Aysegül Kaya, die vor gerade mal einer Woche „Taksim“ mit Pide, Mezze und Köfte eröffnet hat. „Instagram und Tiktok sind wichtig, mehr junge Leute wären gut.“ Sie war bisher auf Foodtruckfestivals unterwegs.
Auch im Obergeschoss tut sich etwas: Am 1. April zieht „Doli“ ein – mit georgischer Küche und Weinen. Pavel Mass, der bereits ein Restaurant in der Lister Möckernstraße führt, setzt große Erwartungen in die Markthalle, will osteuropäisches Publikum anziehen, junge Menschen neugierig machen. „Die kaukasische Küche hat viel Potenzial. In die Markthalle muss mehr Abwechslung.“