Enercity-Vorstand Marc Hansmann sagte bei einem Pressetermin am Montag, der Netzversorger sei bisher vor allem in dicht besiedelten Bereichen stark: „Da fehlte uns Garbsen als zweitgrößte Stadt in der Region immer – das passt perfekt zu uns.“
Über die hundertprozentige Konzerntochter Enercity Netz GmbH versorgt das hannoversche Unternehmen bereits die Städte Hannover, Langenhagen, Laatzen und den Ortsteil Seelze-Letter mit Strom. Gas beziehen neben der Landeshauptstadt auch Langenhagen, Ronnenberg, Seelze sowie Ortsteile von Laatzen und Hemmingen.
Nach dem Kaufvollzug wird Garbsen 10 Prozent des Gesamtnetzes der Enercity-Tochter ausmachen: Im Norden Hannovers verläuft ein 800 Kilometer langes Strom- und 600 Kilometer langes Gasnetz mit mehr als 30.000 Strom- und rund 10.000 Gasanschlüssen. Die Stadt Garbsen wiederum ist an der Enercity Netz GmbH beteiligt, behält zukünftig über einen Sitz im Netzbeirat einen Einfluss auf die Entwicklung in der Kommune und kann mit einer Millionenrendite für die Stadtkasse rechnen.
„Die Versorgungssicherheit unserer Stadt hat höchste Priorität“, sagte Garbsens Bürgermeister Claudio Provenzano (SPD). Die Stadt werde mit 55,1 Prozent auch weiter die größte Gesellschafterin der Stadtwerke bleiben, mit dem Verkaufserlös bekomme man zusätzliches Kapital, um die Energiewende vor Ort zu finanzieren. Enercity ist ohnehin bereits Miteigentümerin der Stadtwerke Garbsen (20 Prozent), die verbleibenden Gesellschaftsanteile hält Avacon (24,9 Prozent).
Notwendig ist der Verkauf aus zwei Gründen. Erstens: Niedersachsen will bis 2040 klimaneutral werden, damit ist die Lebenszeit der Gasnetze endlich. Ginge es nur darum, den Status Quo zu erhalten, sei man in der Lage, die Investitionen allein zu stemmen, erklärte Daniel Wolter, Geschäftsführer der Stadtwerke Garbsen.
Aber man müsse sich heute auch mit erneuerbaren Energien auseinandersetzen und dem Fakt, dass Privatpersonen selbst Energie erzeugen und ins Netz einspeisen. „Da wollten wir uns nicht einem unternehmerischen Egoismus hingeben“, sagte Wolter, sondern die Infrastruktur aufbauen, die mit Blick auf das 2040-Ziel relevant sei. Das ginge ohne Partner nicht, zumal die Stadtwerke ihr Ergebnis derzeit noch zu 50 Prozent aus dem Gasnetz, also der alten Welt, ziehen.
Zweitens sei die bisherige Kooperation mit den Stadtnetzen Neustadt in der Leinenetz GmbH nicht erfolgreich gewesen. „Wirtschaftlich hat sich der Schritt nicht gelohnt und auch die erhofften Synergien nicht erbracht“, sagte Provenzano. Die Stadtwerke seien gerade dabei, sich aus dem Konstrukt zu lösen – die Versorger in Garbsen und Neustadt halten je 50 Prozent an der Leinenetz. Deren Funktion als Netzbetreiberin wird spätestens zum 1. Januar 2026 auf die Enercity-Tochter übergehen.Die hohen Investitionssummen in die vielerorts veraltete Infrastruktur muss dann der Konzern stemmen. Er wolle den Aufwand nicht verniedlichen, betonte Finanzvorstand Hansmann, aber das gehöre zum Standardgeschäft und man sei dafür gut gerüstet. Den Verkaufspreis bezeichneten die Parteien als „fair und marktüblich“.