Dazu gehört seinen Angaben zufolge ein Display über den Türen, das die Auslastung des jeweiligen Abschnitts anzeigt: „Wir lassen die Fahrgäste erfassen, und wenn alle Plätze belegt sind, dann erscheint ein rotes Signal, das vom Bahnsteig aus zu sehen ist“, sagt Nawrocki, Stehplätze gebe es natürlich weiterhin. Aber: Damit könnten Einsteigende bei der Suche nach einem Sitzplatz auf einen anderen Wagen ausweichen. Gelb signalisiere eine mittlere Auslastung, Weiß stehe für wenig Auslastung. Erstmals möglich seien zudem Buchungen über eine App – entweder für Dauernutzer, die sich einen Stammplatz für die tägliche Fahrt zur Arbeit reservieren möchten, oder für Reisende, die beispielsweise als Familie einen Bereich für die Fahrt an die Nordsee buchen. Zu den Neuerungen zählt zudem ein Gepäckfach, in dem die Passagiere ihre Koffer einschließen können.
Auf der bislang erst einen Produktionsstrecke im Alstom-Werk in Salzgitter installieren die Beschäftigten nach Aussage von Produktionsleiter Torsten John neben Sitzen, Tischen, Toiletten oder Halterungen für Fahrräder etwa zehn Kilometer Kabel in jedem Wagen. Unter anderem auch für die Steckdosen, die sich jeweils zwischen zwei Sitzen befinden. Displays für die Fahranzeige gibt es ebenso wie WLAN in allen Wagen und eine Videoüberwachung aus Sicherheitsgründen sowie den entsprechenden SOS-Knopf. Nach Aussage Johns richtet Alstom in den nächsten Wochen eine zweite Produktionslinie ein, eine dritte folgt bis Ende dieses Jahres. Denn: Coradia Max soll künftig auch in Dänemark und Norwegen rollen.
Die Anforderungen für die Züge, die mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde auf bereits elektrifizierten Strecken in Niedersachsen fahren, habe die LNVG für unterschiedliche Nutzergruppen definiert, sagt Nawrocki. Einige Punkte gelten für alle Wagen – beispielsweise der stufenlose Einstieg vom Bahnsteig in den Zug, eine klar definierte Maximallautstärke in und außerhalb der Wagen und auch die Innentemperatur von 22 Grad Celsius. Zehn Züge verkehren mit sechs Waggons, sie bieten insgesamt 660 Sitzplätze. Je zwölf Züge erhalten drei und fünf Waggons, die gekoppelt werden können.
Die Sechs-Wagen-Züge fahren von Hannover aus über Neustadt, Wunstorf und Bremen nach Bremerhaven. Diese Verbindung besteht bereits, allein im vergangenen Jahr nutzten nach Aussage von LNVG-Sprecher Dirk Altwig durchschnittlich 11.380 Fahrgäste jeden Tag das Angebot. Die längeren Züge sind zudem zwischen Bremerhaven, Bremen und Osnabrück im Einsatz, dort zählte die LNVG im Jahr 2023 durchschnittlich 11.960 Reisende täglich.
Die weitaus größere Nachfrage gibt es der Statistik zufolge mit 16.600 Passagieren pro Tag in Zügen der Linie RE1, die derzeit von Hannover über Bremen und Oldenburg nach Norddeich führt. Züge in diese Richtung starten künftig ab Hannover mit acht Wagen, die über Neustadt und Wunstorf fahren und in Oldenburg geteilt werden. Fünf Wagen mit insgesamt 521 Sitzplätzen fahren weiter nach Norddeich, drei Wagen mit 294 nach Wilhelmshaven. Bislang gibt es diese Anbindung nicht, wie Altwig sagt. Auf dem Weg nach Hannover werden die Züge dann wieder so gesteuert, dass sie ab Oldenburg als ein Zug fahren. Aktuell müssen Reisende auf dem Weg nach Wilhelmshaven jeweils in Oldenburg umsteigen.
Jeder Zug bietet Wagen ohne Stufen, die beim Einstieg und im Inneren die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen. Andere erhalten nach Aussage des LNVG-Bereichsleiters einen Mehrgenerationenbereich, in dem Eltern einen Kinderwagen oder Senioren ihren Rollator abstellen können. Wie im Metronom lässt sich auch bei den künftigen Zügen, für deren Betrieb die DB Regio ab Jahresende verantwortlich zeichnet, die Fahrradwagen auf den Bedarf abstimmen. „Ein Drittel, zwei Drittel oder drei Drittel der Wagen können wir jeweils zur Verfügung stellen“, sagt Nawrocki. Zur Entspannung zwischen den Nutzergruppen sollen auch all jene Bereiche dienen, in denen Koffer oder größeres Gepäck verstaut werden können.
Bei der oberen Ebene sei dies beispielsweise in ebenerdigen Fächern oder zwischen Viererabteilen möglich – nicht aber über den Sitzen. „Die Ablage dient eher für Laptoptaschen“, sagt Nawrocki, nach dessen Angaben die Fertigstellung der Wagen eigentlich für dieses Jahr geplant gewesen war. Allerdings habe der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zu Problemen der Zulieferer geführt, sagt der Alstom-Verantwortliche John. Die Reisenden sollen nicht unter der Verzögerung leiden, betont Nawrocki: „Wir nehmen die alten Wagen erst aus dem Betrieb, wenn die neuen fertiggestellt sind.“