„Das wird schlimm“, vermutet Susanne König, Anwohnerin des Marstalls und Vertreterin der Bürgerinitiative Mitte. Schon jetzt berichteten ihr Anwohner der Burgstraße, dass Kneipengäste spätabends lautstark Schlager mitsängen. „Das wird bis tief in die Nacht gehen, wenn die Sperrstunde verschoben wird“, meint König. Auch auf dem Holzmarkt werde dann noch lange gefeiert, befürchtet sie. Dort gehe es schon jetzt recht munter zu. „Das Problem ist, dass die Leute auf ihrem Weg zur nächsten Kneipe oder nach Hause ebenfalls Lärm machen“, sagt König.
Ein anderer Altstadtbewohner erzählt in einem Leserbrief an diese Redaktion, dass schon jetzt die Ruhezeiten zwischen 22 und 6 Uhr „häufig überschritten“ würden. „Trotzdem gefällt uns das Leben in dem Viertel sehr“, schreibt der Leser. Er hoffe, dass in der Diskussion um ein Verschieben des Ausschankstopps die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt werden, „und man Feier- nicht so einfach vor Wohnqualität stellt“.
Damit rennt der Altstadtbewohner bei Gastronomen offene Türen ein. „Wir haben ein gutes Verhältnis zu unserer Nachbarschaft und können sicherlich eine Übereinkunft finden“, sagt Dennis Bohnecke vom „Teestübchen“ auf dem Ballhofplatz. Schließlich gehe es auch nicht darum, Halligalli bis Mitternacht zu machen, sondern darum, dass Gäste etwas länger sitzen bleiben. „Wenn wir bis 23 Uhr draußen ausschenken dürften, wäre das schön – und zeitgemäß“, sagt er. Der Trend gehe dahin, dass Gäste selbst bei kühler Witterung gerne draußen säßen.
Im Café und Bistro „Mezzo“ am Raschplatz-Pavillon bleibt Inhaberin Lilli Fink gelassen. „Für unsere Außenterrasse zur Straße habe ich ohnehin seit Jahren eine Ausnahmegenehmigung“, sagt sie. Dort könne sie bis Mitternacht ausschenken, weil kein unmittelbares Wohnumfeld betroffen sei. Anders die Holzterrasse auf der anderen Seite des Cafés nahe der Wohnhäuser. „Hier machen wir um 22 Uhr dicht“, sagt Fink. Sie könne verstehen, dass Anwohner ihre Ruhe haben wollen.
Björn Hensoldt betreibt mit seiner Firma Gastro Trends mehrere Gastronomien in Hannover, unter anderem das „Reimanns Eck“ am Weißekreuzplatz. Rund um den Platz befinden sich Wohnhäuser. „Ich würde mich über mehr Flexibilität freuen, um dann zusammen mit meinen Nachbarn individuelle Lösungen zu finden“, sagt Hensoldt. Im Grunde gehe es auch vornehmlich um den Freitag- und Samstagabend.
Heiko Heybey, Betreiber des Restaurants „Spandau“ in der Nordstadt, setzt ebenfalls auf nachbarschaftliche Verständigung. „Es wäre schon zeitgemäß, wenn wir bis 23 Uhr ausschenken dürften“, findet er. Sein Vorschlag: Die strengen Lärmgrenzen ab 22 Uhr sollten weiter berücksichtigt werden, aber die Gäste sollten dann nicht gleich von der Terrasse verschwinden müssen.
Für eine Verschiebung der Nachtruhe und damit auch der strengeren Lärmgrenzen, bräuchte es eine bundesgesetzliche Änderung. Darauf weist Rechtsanwalt Eckhard David hin, der sich beruflich mehrmals mit Lärmklagen beschäftigt hat. „Grundsätzlich gilt: Außengastronomien mit Kommunikationsgeräuschen sind ab 22 Uhr unzulässig“, sagt er. Ein Verschieben der Ausschankzeiten, wie es die Ratsmehrheit jetzt fordere, habe mit der Realität wenig zu tun.