Die Befürchtung der Stadtverwaltung ging dahin, dass neben dem Ukraine-Krieg auch beispielsweise die drohende Energiekrise bei der Armutsquote zu Buche schlagen würde. Tatsächlich war es 2022 dem Bericht zufolge aber vor allem der Zuzug geflüchteter Familien aus der Ukraine, meist Mütter mit Kindern und Jugendlichen, der die Quote nach oben trieb. Es sei „durchaus ein massiver Anstieg, wenn man ihn für sich betrachte“, sagte Sozialplanerin Elke Sauermann in dem Ausschuss. Rechne man mit ein, wie viele Menschen inzwischen aus der Ukraine gekommen seien, sei er eher moderat.
Insgesamt gesehen liege die Armutsquote in Hannover 2022 zudem nur wenig höher als vor der Pandemie, heißt es in dem Bericht weiter. 82.751 Menschen seien 2018 von Armut betroffen gewesen, 2022 seien es lediglich 1210 mehr gewesen. In Prozent gerechnet blieb die Quote mit jeweils 15,2 Prozent sogar gleich. Deutlich angestiegen ist laut Armutsbericht Ende 2022 beispielsweise die Kinderarmut. Davon seien auch viele Kinder aus der Ukraine betroffen. Mehr als jedes vierte hannoversche Kind unter 18 Jahren lebte laut Armutsbericht 2022 in Hannover in einer von Armut betroffenen Familie. Die Armutsquote unter Kindern und Jugendlichen lag Ende 2022 bei 26,6 Prozent. Seit 2018 ist die Anzahl der armutsbetroffenen Kinder und Jugendlichen damit um 1,5 Prozent gestiegen. Bis Ende 2019 hätten die Kinder und Jugendlichen vom konjunkturellen Aufschwung und sinkender Arbeitslosigkeit ihrer Eltern profitieren können. Unter Corona-Bedingungen sei die Kinderarmut nur leicht gestiegen.
Der Anstieg zum Vorjahr bei den unter 18-Jährigen dagegen beträgt laut Statistik 1217 Menschen (plus 5,6 Prozent). Über 1900 Kinder und Jugendliche, die 2022 Hartz IV bezogen, um ihre notwendigsten Ausgaben zu bestreiten, hatten Ende 2022 eine ukrainische Staatsangehörigkeit. Ende 2021, also vor Kriegsbeginn, waren es noch nur rund 40 Kinder und Jugendliche gewesen.
Laut dem diesjährigen Armutsbericht sind überdies Ende 2022 26,8 Prozent der hannoverschen Familien sogenannte Allein- oder Getrennterziehende. Auch ihre Anzahl stieg innerhalb des Jahres um rund 1400 auf 13.705 an. Auch dies sei, so die Verwaltung, primär eine Folge der Kriegsflucht von Müttern mit ihren Kindern aus der Ukraine.
Alleinerziehende wiesen allerdings seit Jahrzehnten die mit Abstand höchsten Armutsquoten auf, betonen die Sozialplanerinnen. 2006 habe die hannoversche Quote bei 47,2 Prozent gelegen. Ende 2022 sei sie etwas gesunken und liege bei 45,2 Prozent. „Als Kommune arbeiten wir mit aller Kraft daran, Kindern und Familien Teilhabe und Zugänge zu ermöglichen, unabhängig von Geldbeutel, Familiensituation, Bildungshintergrund und vor allem von der Herkunft“, betonte Sozialdezernentin Sylvia Bruns (FDP).
Eine weitere Gruppe, die ebenfalls seit Jahren besonders betroffen ist, sind die Senioren und Seniorinnen. Sie stellen mittlerweile ein Viertel der Gesamtbevölkerung von Hannover. 138.149 Menschen sind 60 Jahre und älter. Mehr als 15.000 von ihnen bezogen Ende 2022 Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die meisten Grundsicherung im Alter, weil die Rente zu schmal ist. Die Altersarmutsquote insgesamt stieg von 10,4 Prozent Ende 2021 auf 11,0 Prozent Ende 2022 und damit innerhalb eines Jahres um 1.169 Personen (plus 8,3 Prozent). Es handele sich um einen ständigen und stetig zu verzeichnenden Anstieg, sagte Sozialplanerin Silke Mardorf in dem Ausschuss. Nur ein kleiner Teil sei auf ältere Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Stadt geht zudem in der Generation 60 plus von einer erheblichen Dunkelziffer aus.
Einen positiven Effekt hat offenbar die Anfang 2023 in Kraft getretene Wohngeldreform. Sie habe dazu geführt, dass deutlich mehr Haushalte einen Anspruch auf Wohngeld hätten. Die Einkommensgrenze sei heraufgesetzt worden, dazu habe sich der durchschnittliche Zuschuss für einen in Hannover Wohngeld beziehenden Haushalt erhöht. Die dauerhafte Heizkostenkomponente im Wohngeld sorge dafür, dass steigende Heizkosten abgefedert würden. Von Dezember 2022 bis Oktober 2023 sei die Zahl der Wohngeld beziehenden Haushalte in Hannover stark gestiegen, von 5600 auf fast rund 10.000 Haushalte im Oktober 2023.