Eiskalte Schüsse, heißes Pflaster
NP-Podcast: Deshalb patrouillierten im Sommer 1997 Polizisten mit Maschinenpistolen am Steintor

Hier fielen 1997 die tödlichen Schüsse: Das Eiscafé „Panciera“ an der Goethestraße.Foto: Michael Thomas
Es war ein warmer Spätsommertag als mal wieder Schüsse zu hören waren in Hannovers City. Am 14. August 1997 stürmten drei junge Kurden in das Eiscafé Panciera an der Goethestraße, sie liefen direkt auf zwei Albaner zu. Feyzi Z. soll sofort abgedrückt haben, der zu diesem Zeitpunkt erst 23 Jahre alte Ramiz G. wurde getroffen, er starb wenig später. Sein Begleiter überlebte verletzt. Den drei Kurden gelang die Flucht, trotz Großfahndung der Polizei. Es ist eine Situation, die zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich war für das Steintorviertel. Dort tobte eine blutige Auseinandersetzung zwischen kriminellen Gruppen. Es ging um die Vorherrschaft im Drogen- und Rotlichtgeschäft. Und dieser Kampf wurde erbittert geführt. Im NP-Podcast „True Crime Hannover“ spricht Hans-Dieter Klosa, der damalige Polizeipräsident Hannovers, in der Folge „Eiskalte Kugeln – Bandenkrieg im Rotlichtviertel“ über die häufigen Gewaltexzesse in dieser Zeit. Im Gespräch mit TVN-Moderator Rolf Rosenstock und NP-Crime-Reporter Zoran Pantic erzählt er, wie die Tat im „Panciera“ zu einer besonderen Entscheidung der Polizei geführt hat.Die „eiskalten Schüsse“ im „Panciera“ waren längst nicht die erste Bluttat am Steintor. Im Dezember 1994 war ein 18-jähriger Albaner aus dem Kosovo den Folgen eines Bauchschusses erlegen. Nur zwei Wochen später feuerte ein aus Russland stammender Zuhälter sechsmal auf einen mit Handschellen gefesselten Bulgaren. Die Männer sollen sich um eine Prostituierte gestritten haben. Monate später starb ein 22-jähriger Albaner nach einem Stich ins Herz. 1996 kam es vor einer Spielhalle zu einem blutigen Streit. Zwei Albaner (19 und 27) stachen einen Kurden (19) nieder, verfolgten dessen Landsmann (17) bis zu einem Imbiss und trafen auch ihn mit Kugeln aus einer Maschinenpistole tödlich.

„Wir mussten davon ausgehen, dass sich möglicherweise diese Serie von Morden fortsetzen könnte“, sagt Klosa im Podcast. Die damalige Sicherheitslage in der Stadt, die nur drei Jahre später die Expo 2000 ausrichten sollte, bezeichnete er in dem Gespräch als „angespannt“. Kurz nach der Tat im „Panciera“ beschloss er deshalb, die Polizei am Steintor aufzurüsten. Die Ermittler erhöhten den Kontrolldruck im Rotlichtviertel – und die Polizisten gingen nur noch mit Maschinenpistolen auf Streife.

Mit dieser Maßnahme habe man den Kriminellen klargemacht, dass der Staat „gewillt und in der Lage ist, sich zu wehren“, so Klosa. Doch was wurde aus den Tätern? 2001 hatte sich einer von ihnen der Polizei gestellt. Etem U. wurde zu sechs Jahren verurteilt. Mesut Y. wurde an der bulgarisch-türkischen Grenze gefasst und 2017 zu vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Y. war zur Tatzeit erst 17 und stand deswegen vor dem Jugendgericht. Erst nach der Podcast-Produktion nahm die Staatsanwaltschaft zu einer Anfrage zu Feyzi Z. Stellung, die Antwort wurde in der Folge durch einen Hinweis eingefügt. Da seine Mittäter wegen Beihilfe zum Totschlag verurteilt wurden, sei auch bei Feyzi Z. der Tatvorwurf von Mord zu Totschlag abgeändert worden, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Mord verjährt nicht, bei Totschlag läuft die Frist dagegen nach 20 Jahren aus. Feyzi Z. muss daher keine Konsequenzen mehr befürchten, nach ihm wird nicht mehr gefahndet. Klosa kann das nicht verstehen. „Für mich ist das schwer nachvollziehbar“, sagt er, schließlich seien die „Absichten der Täter eindeutig gewesen“.

„True Crime Hannover“, der Erfolgspodcast der Neuen Presse, bringt es mit den bisher erschienenen sechs Staffeln auf mehr als 1,5 Millionen Streamings und Downloads. Präsentiert wird das Format von www.visit-hannover.com.

Die Folge „Eiskalte Kugeln – Bandenkrieg im Rotlichtviertel“ ist in der NP-App, unter www.neuepresse.de und überall dort, wo es Podcasts gibt zu finden – beispielsweise bei Spotify, Amazon oder Audible.

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