Einzige Bedingung für einen neuen spanischen Gast war: Er oder sie muss tierlieb sein. Denn außer dem Ehepaar und den 14-jährigen Zwillingstöchtern gehören zwei Hunde zur Familie.
Im Juni waren die Spanierinnen, die im Rahmen des Projekts „Hola Kita“ der Region Hannover und des Caritasverbands Hannover ihr Anerkennungsjahr als Erzieherin in Deutschland machen, bereits für ein erstes Kennenlernen in Laatzen – darunter auch die 28-jährige Sthefany Patricia Pajuelo Brock. Als sie am 10. September bei den Ruschkowskis einzog, kannte man sich also schon.
„Es ist ein super nettes Zusammenleben“, sagt Ruschkowski. „In der Anfangszeit haben wir ihr Hannover gezeigt und sind zusammen am Maschsee spazieren gegangen.“ Da die Spanierin gerne tanzt, hat Kathrin von Ruschkowski mit ihrem Gast sogar einen Schnupperkurs bei einer Tanzschule absolviert. „Es ist im Grunde wie eine WG, in der Fremde zu Freunden geworden sind“, meint die 43-Jährige und betont: „Wir haben mit Sthefany jemanden aufnehmen dürfen, den wir inzwischen mit den Herzen in unserer Familie aufgenommen haben.“
So werde zwar nicht regelmäßig zusammen gegessen, da alle in der Familie zu unterschiedlichen Zeiten aus dem Haus gehen und heimkommen. „Aber wenn es passt, kochen und essen wir auch gemeinsam“, sagt Ruschkowski. Dann gibt es oft Gespräche über die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe. „In Spanien sind die Menschen abends viel öfter unterwegs als hier bei uns“, berichtet die Gastgeberin aus den Unterhaltungen.
Auch die beiden 14-jährigen Töchtern fänden es gut, dass die junge Spanierin bei ihnen wohnt – ebenso wie die zwei Familienhunde, die Sthefany jedes Mal lebhaft begrüßen, wenn sie das Haus betritt. Am Familienleben hat sich für die Ruschkowskis nicht viel geändert. Außer dass die Geschirrspülmaschine öfter ausgeräumt sei, wenn sie nach Hause komme, sagt Kathrin von Ruschkowski und ergänzt: „Sthefany ist sehr hilfsbereit.“
Auch aus Sicht der spanischen Erzieherinnen ist es ein großer Vorteil, in Laatzener Familien zu wohnen. „Ich bin ein Familienmensch und froh, dass ich Menschen um mich habe, mit denen ich sprechen kann und die mich fragen, wie mein Tag war“, sagt Irene Fieira Camacho, die seit Anfang September bei Familie Bodenstab in Grasdorf wohnt. „Dadurch lerne ich viel schneller Deutsch“, ergänzt die 28-Jährige, die bereits einen Intensivkurs absolviert hat und nun einmal in der Woche zum Sprachunterricht geht.
Von der Möglichkeit, in der Region Hannover arbeiten zu können, habe sie im Internet gelesen. Während in Deutschland verzweifelt Erzieher gesucht werden, seien die Stellen in Spanien eher rar, sagt die junge Frau, die drei Tage in der Woche in der Kita in Gleidingen arbeitet.
Die Spanierinnen sind für ein Jahr in Laatzen und erwerben hier die Anerkennung für ihren in Spanien gemachten Studienabschluss als Erzieherin. Danach können sie in Kitas in ganz Deutschland arbeiten. In ihren Gastfamilien wohnen sie zunächst für drei Monate, für ihr Zimmer zahlen sie eine geringe Miete. „Ob Irene dann noch länger bei uns bleibt, eine eigene Wohnung oder eine WG mit den anderen spanischen Erzieherinnen bezieht, steht noch nicht fest“, sagt Familienvater Fabian Bodenstab, der auch Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion in Laatzen ist.
Er und seine Frau Myriam hätten nicht lange überlegt. „Wir hatten noch ein Gästezimmer frei und fanden die Idee, eine spanische Erzieherin aufzunehmen, von Anfang an gut“, erklärt der 43-Jährige. Ihre sieben und 13 Jahre alten Söhne hätten allerdings anfangs Bedenken gehabt, ihr Bad teilen zu müssen. „Irene hat aber ein eigenes Bad – und unsere Söhne finden es jetzt auch gut, dass sie hier ist“, sagt Myriam Bodenstab mit einem Lächeln.
N icht nur, weil ihr jüngerer Sohn den Hort besucht, sei es in ihrem Interesse, die Erziehungskräfte in Laatzen zu unterstützen. „Die Früh- und Spätbetreuung in der Kita Sudewiesenstraße wurde aus Mangel an Erziehungskräften eingeschränkt“, berichtet Myriam Bodenstab, die auch im Stadtelternrat aktiv ist. In anderen Kitas fielen oft ganze Gruppen aus.Das Leben mit einem ausländischen Gast betrachten die Bodenstabs als Bereicherung. Fabian Bodenstab meint: „Das sollten viel mehr Leute machen, auch wenn es um die Aufnahme von Austauschschülern geht.“