Eine Frage
der
Erde
Geografen
erklären, warum sich die streng
geschützten
Feldhamster auf den Feldern in
Pattensen so
wohlfühlen

Sind in ganz Deutschland vom Aussterben bedroht: Feldhamster.Foto: Lars Kaletta
Pattensen. Die Zahl der Feldhamster in Deutschland nimmt immer weiter ab. In Niedersachsen sind die streng geschützten Tiere nur noch in wenigen Bördelandschaften anzutreffen. In Pattensen gibt es eine stabile Population. Aber wieso eigentlich?

Auf einer Ackerfläche zwischen Koldingen und Pattensen-Mitte haben die Geologen Sven Evertsbusch und Uwe Hammerschmidt vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) jetzt erklärt, warum die Pattenser Böden für Feldhamster so attraktiv sind. Nina Lipecki von der AG Feldhamsterschutz Niedersachsen, die die Veranstaltung initiiert hatte, informierte zudem über die aktuelle Gefährdungslage des Feldhamsters und Maßnahmen zu seinem Schutz.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Warum fühlen sich
Feldhamster in Pattensen
so wohl?„Die für den Hamster geeigneten Böden sind meist lehmige oder lösshaltige Böden mit lockerer Struktur, die eine gute Grabfähigkeit und Bodenstabilität bieten“, erläuterte Hammerschmidt vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). „Der Hamster hat keinen Bock, im Ton zu graben.“

In den Lössböden in Pattensen, insbesondere der Parabraunerde, einem der fruchtbarsten und wertvollsten Böden Mitteleuropas, finde er hingegen einen seiner letzten Rückzugsorte. Seine Röhren stürzten dort nicht so leicht ein. „Die Hamsterröhren sind im Lössboden fast so hart wie mit Bauzement“, sagte Hammerschmidt. Außerdem böte der Pattenser Lössboden Schutz vor Bodenfrost und eindringendem Wasser.

Feldhamster gelten oft
als Verhinderer von Bau-
vorhaben. Haben sie auch positive Auswirkungen
auf ihre Umgebung?

Laut Nina Lipecki sind Feldhamster gleich aus mehreren Gründen für die Natur wichtig. Vor allem haben sie vorteilhafte Auswirkungen auf die Bodenstruktur und -fruchtbarkeit. „Der Feldhamster lockert den Boden auf und bringt organisches Material in tiefere Schichten ein.“ Er sei ein Indikator für gut funktionierende Agrarökosysteme. „Wenn er nicht vorhanden ist, kann das bedeuten, dass das Ökosystem aus dem Gleichgewicht geraten ist.“ Zudem habe er eine wissenschaftliche Bedeutung als Forschungsobjekt, um Wechselwirkungen zwischen Landwirtschaft, Biodiversität und Klimawandel zu verstehen. Und: „Feldhamster sind total süße und liebenswerte Tiere. Unserem Planeten würde etwas Wichtiges verloren gehen, wenn es sie eines Tages nicht mehr gäbe.“

Was verhindern Feldhamster aktuell in Pattensen?

L aut Lipecki gar nichts. „Das geplante Gewerbegebiet an der Ruther Straße ist nicht an den Feldhamstern dort gescheitert“, betont die Hamsterexpertin. „Die Vergrämung der Tiere aus dem Gebiet ist erfolgreich angelaufen.“ Dann habe aber eine Fläche für das geplante Baugebiet nicht mehr zur Verfügung gestanden, da die Eigentümer die Flächen nicht verkaufen wollten. Daher sei das Vorhaben auf Eis gelegt worden.

Wie sind die Tiere aus dem Gebiet gelockt worden?

„Wir haben die betreffenden Flächen für die Hamster unattraktiv gemacht und die Flächen südlich davon attraktiv, etwa durch das Anlegen von Blühflächen und hochstehendes Getreide“, erläuterte Lipecki. „Das hat gut geklappt und wird bereits bei vielen Bauprojekten so umgesetzt, die auf Flächen geplant sind, auf denen Feldhamster leben.“ Die Tiere seien keine Verhinderer von Bauvorhaben, betont die Expertin. Sie könnten grundsätzlich auf andere Flächen gelockt werden.Gibt es noch geeignete
Flächen für Feldhamster?Laut Lipecki sind die gesamten Böden in Pattensen für die Besiedlung mit Feldhamstern geeignet. Zwischen Pattensen, Jeinsen, Ruthe und Schliekum gebe es einen „Hamster-Hotspot“. Dabei sei die Hamster-Dichte jedoch von Feld zu Feld verschieden. Wichtig sei es, dass auch die Landwirte mitspielten und die Hamster unterstützten. Eine Möglichkeit, Ernte und Hamsterschutz zu vereinbaren, sei die sogenannte Ährenernte, bei der nur die Ähren des Getreides geerntet werden. „Die Stoppeln bleiben stehen, sodass die Hamster noch genügend Deckung finden“, sagte Lipecki.Ist es geplant, auch in
Pattensen weitere
Feldhamster anzusiedeln?

Laut Lipecki aktuell nicht: „Der Bestand ist noch groß genug.“ Sollte er aber zurückgehen, was unter Umständen schon in ein bis zwei Jahren der Fall sein könnte, wäre auch eine Hamster-Ansiedlung in Pattensen denkbar. Die AG Feldhamsterschutz Niedersachsen, die in Koldingen Feldhamster züchtet, hat bereits zweimal Tiere in Göttingen ausgewildert, wo es noch eine isolierte, kleine Population an Tieren gibt. Ihr Ziel: „Eine stabile, überlebensfähige Feldhamsterpopulation in Göttingen und in anderen Gebieten zu erreichen.“



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