Wird die St.-Mathilden-Kirche zum Studentenwohnheim?
Laatzener Architekt Bernd Amberge bringt eine Idee ins Spiel, die denStadtteil beleben könnte. Allerdings müssten dafürInvestoren gefunden werden.

Wird die Immanuelkirche in Alt-Laatzen zum Studentenwohnheim? Bernd Amberge, Mitglied der St.-Oliver-Kirchengemeinde, hat dazu bereits Pläne erstellt.Foto: Daniel Junker
Laatzen. Vor einem Jahr hat sich die Laatzener St.-Oliver-Kirchengemeinde entschieden, die katholische St.-Mathilden-Kirche im Stadtteil Alt-Laatzen mittelfristig aufzugeben. Jetzt gibt es einen spektakulären Vorschlag für die künftige Nutzung des Gebäudes: Der Architekt Bernd Amberge schlägt vor, das Gotteshaus zu einem Wohnheim für Studierende umzubauen.

„St. Mathilde ist meine Heimatkirche. Ich bin hier selbst zur Kommunion gegangen und war Messdiener, bevor St. Oliver in Laatzen-Mitte gebaut wurde“, sagt Amberge, der in Alt-Laatzen lebt und ein Architekturbüro in Hannover-Döhren betreibt. Als er erfuhr, dass die Gemeinde die Kirche aufgeben will, habe er sich Gedanken über die Nachnutzung gemacht. „Wir haben das Thema aus dem Büro heraus ohne irgendwelchen Auftrag bearbeitet”, berichtet der 61-Jährige.

Herausgekommen ist ein ambitionierter Entwurf. Er sieht vor, auf Höhe der Orgelempore eine Zwischendecke einzuziehen und den Dachstuhl auszubauen, sodass die Studentinnen und Studenten auf drei Etagen leben würden. Die 24 Apartments wären zwischen 19 und 50 Quadratmeter groß und erhielten Mini-Bäder. Die Wohnungen in den beiden oberen Etagen würden maisonetteartig angelegt, mit einer Schlafgelegenheit auf der jeweils oberen Ebene. Im Bereich der heutigen Orgelempore sind auf den beiden oberen Etagen Gemeinschaftsbereiche mit Küchen und Essbereichen vorgesehen.

Amberge geht es auch darum, den ursprünglichen Charakter des Gebäudes in Teilen zu bewahren. „Wir versuchen, den Altarraum erlebbar zu erhalten”, dieser könnte zum Gemeinschaftsraum für das Erdgeschoss mit Küchen- und Essbereich werden. „Die gelben Verglasungen und die große Raumhöhe würden erhalten bleiben.“

Insgesamt entstünde durch die Umbauten eine bewohnbare Gesamtfläche von 1335 Quadratmetern - inklusive Fluren, Gemeinschaftsflächen und Eingangsbereich. Außen würden die vertikalen Fensterbänder nach unten verlängert, um Licht in die Erdgeschosswohnungen zu bekommen. Denkmalgeschützt ist das Gebäude laut Kirchenvorstand nicht.

Den Standort für ein Studierendenwohnheim hält Amberge für ideal. „Es wäre in der Nähe vom Expo-Campus. Wenn ich mich in meine Studentenzeit zurückversetze, hätte ich gerne in einem belebten Stadtteil gewohnt und nicht neben Gewerbeeinheiten“, sagt er mit Bezug auf Unterbringungen wie die am Expo-Gelände. „So muss ich nur die Kronsbergstraße anderthalb Kilometer langgehen und bin beim Campus.“ Hinzu kämen Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe und die Anbindung an die Stadtbahn.

Bei der Gemeinde stößt der Vorschlag auf offene Ohren. „Ich fände das für Alt-Laatzen toll, da man eine junge Bevölkerung anziehen würde“, sagt Jutta Siebert, Vorsitzende des Kirchenvorstands von St. Oliver. Allerdings seien mehrere Dinge zu klären. So werde die Gemeinde ein solches Wohnheim nicht selbst betreiben können, sondern müsse einen Interessenten finden, der auch die Umbauten finanziert.

Vor allem könnte es schwierig werden, das Gebäude von der angrenzenden Kita der Gemeinde und der bewohnten Pfarrwohnung baurechtlich zu trennen. Bei einem Verkauf des gesamten Komplexes müssten umfangreiche Regelungen getroffen werden. „Dass sich dafür jemand findet, ist eher unwahrscheinlich“, vermutet Siebert. „Wir gehen deshalb von Erbpacht aus.“

Derzeit sei man dabei, solche rechtlichen Fragen zu klären. Auch hätten zwei orthodoxe Gemeinden – eine mazedonische und eine serbische – Interesse an dem Gotteshaus angemeldet, sagt Siebert. Dabei gebe es noch keine Vorentscheidung bei St. Oliver. „Wir haben noch keine Präferenzen, sondern schauen erst einmal, welche Möglichkeiten wir haben”, so die Kirchenvorsteherin. Zur entscheidenden Frage könnte die Finanzierung werden. Amberge schätzt die Kosten für einen Umbau überschlägig auf 3,2 Millionen Euro, einschließlich energetischer Sanierung. „Es sind allerdings ganze viele Parameter noch nicht abgesichert“, stellt er klar.

Der Architekt kann auf jahrelange Erfahrungen mit solchen Projekten zurückgreifen. So hat sich das gleichnamige Büro auf Bauen im Bestand spezialisiert – mit einem nachhaltigen Fokus auf Um- und Anbauten statt Abriss und Neubau.

Zu besichtigen ist dies etwa auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik in Rethen, auf dem Amberge den Umbau des sogenannten Zuckerhauses, in dem früher Saisonarbeiter und Kantinenräume untergebracht waren, zu einem Wohn- und Geschäftshaus geplant hat. „Da haben wir unsere ersten Erfahrungen gemacht“, sagt der Laatzener. Weitere Projekte sind unter anderem die Erweiterung des Pfarrbüros von St. Oliver in Laatzen-Mitte, der Umbau der Berta-Klinik in Hannover zu Praxen und Wohnungen und die ehemalige HDI-Hauptverwaltung, in der Verwaltungsgebäude zu Wohnungen wurden.

Die Zeit, in der katholische Gottesdienste bei St. Mathilde gefeiert werden, nähert sich unterdessen ihrem Ende. Im Frühjahr hat der Kirchenvorstand beschlossen, dass dort spätestens am 30. Juni 2026 Schluss sein soll.

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