Soll Laatzen zur „Stadt des Tordenskiold“ werden?
Bürgermeister Eggert will den Beinamen „Stadt der Sinne“ ersetzen – und hofft auf mehr Einnahmen durch Touristen und Fans des Marineoffiziers, der 1720 im Duell bei Gleidingen sein Leben ließ

Ein historischer Marineoffizier als Markenbotschafter für Laatzen? Bürgermeister Kai Eggert (Mitte) mit Darstellern der Akademie Tordenskiold.Foto: Stadt Laatzen
Laatzen. Soll die Stadt Laatzen ihre Selbstbezeichnung als „Stadt der Sinne“ aufgeben? Bürgermeister Kai Eggert (parteilos) hat jetzt einen entsprechenden Vorstoß gemacht – und schlägt stattdessen einen neuen Claim für Laatzen vor, wie es im Werbedeutsch heißt: Laatzen könne sich „Stadt des Tordenskiold“ nennen, meint Eggert.

Stadt des – wer? Laatzens Bürgermeister spielt auf den dänisch-norwegischen Marineoffizier Peter Wessels Tordenskiold an, der anno 1720 bei einem Duell in Gleidingen ums Leben kam. Seit Jahren erinnert ein Gedenkstein in Gleidingen an den Mann, der in Norwegen und Dänemark noch heute eine große Bekanntheit genießt.

Die Idee präsentierte Eggert im Rat, als er den Laatzener Haushalt für 2026 einbrachte, dessen Entwurf mit einem Minus von fast 29 Millionen Euro hochdefizitär ausfällt. Er wolle über eine „Vision, einen Ausweg aus der Schuldenumklammerung“ sprechen, sagte der Bürgermeister – und stellte ein Zukunftsszenario für das Jahr 2034 vor: Laatzen könne eine Stadt werden, „die sich neu erfunden hat, die ihre Schulden reduziert, eine Stadt mit Strahlkraft und einer klaren Rolle in Norddeutschland“.

„Sind wir wirklich nur die ‚Stadt der Sinne‘, oder wie könnte die Rolle noch aussehen?“, fragt der Bürgermeister. Seine Antwort: „Laatzen wird die ‚Stadt des Tordenskiold‘“. Seine Strategie dahinter erläutert er auch. Schon jetzt machten viele Touristen aus Skandinavien auf ihrem Weg in den Urlaub im Süden Station in Norddeutschland. Laut Tourismusmonitor Niedersachsen seien Dänen die zweitgrößte Gruppe ausländischer Gäste in diesem Bundesland – nach den Niederländern. Die Bekanntheit Tordenskiolds in Dänemark und Norwegen könnte Laatzen darum in die Hände spielen, meint Eggert. „Wir liegen perfekt direkt an der A7. Laatzen könnte Zwischenstation von Gästen wie Arvid, Smilla, Lasse und Knud werden“, prophezeit Eggert.

Peter Wessels Tordenskiold, ein „Symbol für Entschlossenheit und Weitblick“, solle in Laatzen einen neuen Stellenwert bekommen, meint der Bürgermeister. Als Beispiele nennt er ein Museum, ein jährliches Festival oder eine Städtepartnerschaft mit Skandinavien. Eggerts weitere Vision: „Skandinavische Cafés, Designläden, Campingplätze und Events: Wer zum Gardasee fährt, hält halt in Laatzen an.“

Wenn Touristen in Hotels übernachten, am Birkensee zelten und in der Stadt einkaufen, könnten sowohl Laatzens Wirtschaft als auch der kommunale Haushalt profitieren, argumentiert Eggert. „Vielleicht besuchen sie auch kulturelle Veranstaltungen bei uns, wie zum Beispiel die historische Nachtwächterführung in Gleidingen.“ Die neue Rolle als „Stadt des Tordenskiold“ sei „mutig, aber machbar“.

In den vergangenen Jahren hatte Eggert schon mehrfach Szenarien entwickelt, wie sich mehr Einnahmen für die Stadt erzielen ließen. Ungläubiges Staunen hatte 2023 vor allem sein Vorschlag zur Folge, Laatzen zum Kur- oder Erholungsort zu machen. „Viele haben gelächelt, viele haben zugestimmt, einige waren skeptisch, aber die Idee ist geblieben“, sagt Eggert heute dazu. Aus seiner Sicht habe Laatzen viel Potenzial. „Wir müssen es nur vermarkten und gut präsentieren.“ Die Stadt hatte ihren bisherigen Claim „Stadt der Sinne“ zuletzt relativ wenig genutzt. Auf Pressemitteilungen und auf der eigenen Homepage wird in der Regel das Laatzen-Logo mit dem Schriftzug „Stadt Laatzen“ verwendet.

Kurzfristig ändern will Eggert den Claim allerdings nicht. Die Entscheidung darüber liege beim Rat der Stadt, betont er. Mit diesem müsse der Vorschlag erst noch diskutiert werden. Der Claim „Stadt der Sinne“ wurde im Jahr 2009 von Eggerts Vorvorgänger Thomas Prinz (SPD) eingeführt – mitsamt des bunten Logos. Vorher gab es keinen solchen Namenszusatz für Laatzen.

Die Tordenskiold-Vision ist nicht der einzige Vorschlag, mit dem Eggert die städtische Finanzlage verbessern möchte. Einnahmen verspricht sich der Verwaltungschef auch von der Ausweisung von Windradflächen zwischen Rethen, Gleidingen und Ingeln-Oesselse, bei denen die Stadt Pachteinnahmen, Gewerbesteuern und sogenannte Akzeptanzabgaben von bis zu 30.000 Euro pro Windrad kassieren könnte. Eggert forderte den Rat dazu auf, zeitnah eine Entscheidung darüber zu treffen.

Ähnliches gilt für die Überlegungen, mehr Einwohner nach Laatzen zu locken. „Wir brauchen eine klare Entscheidung für eine Wachstumsstrategie. Laatzen muss attraktiver werden – vor allem für die Besserverdienenden, für Menschen, die hier leben und arbeiten wollen“, findet Eggert. Die Steuerquote Laatzens liege deutlich unter der vergleichbarer Kommunen.

„Das ist ein strukturelles Defizit, das jahrelang bestand und sukzessiv verbessert werden sollte“, so Eggert. Gut verdienende Einwohner brächten nicht nur mehr Steuereinnahmen: Es gäbe dann auch mehr Kunden im Leine-Center und mehr Gastroangebote. Als Baugrund sei etwa die Erschließung von Flächen östlich der Bundesstraße 6 denkbar.





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