Warum der Brutstorch in diesem Jahr so früh dran ist, ist unklar. Vielleicht liegt es daran, dass sich Käthe in den vergangenen zwei Jahren bis zu Garrys Eintreffen stets mit anderen Störchen eingelassen hatte? Denn diese musste Garry jedes Mal vertreiben, um Nest und Gattin zurückzuerobern. Körber hat allerdings noch eine ganz andere Erklärung, warum sich der Storch schon in Laatzen aufhält: pupsende Maulwürfe. „Die unzähligen Maulwurfshügel in den Wiesen und Feldern dokumentieren die Erholung der Maulwurfspopulationen nach den Hochwasserereignissen im letzten Winter“, sagt der Laatzener. Seinerzeit seien rund 90 Prozent der Maulwürfe gestorben.
Nach dem Auftauen der Böden kämen jetzt viele Regenwürmer nach oben, die nicht nur eine willkommene Eiweißquelle für die Störche seien. „Regenwürmer sind die Lieblingsspeise der Maulwürfe“, sagt Körber. Die Würmer produzierten jedoch beim Verstoffwechseln im Körper der Maulwürfe jede Menge Kohlendioxid, das sich in den unterirdischen Gängen dann überproportional anreichere. „Damit die Maulwürfe nicht an ihren Gasen ersticken, müssen sie für frische Luft sorgen und Hügel aufwerfen“, erklärt Körber.
Die Hügel wiederum sind für die Störche ein Zeichen, dass sie darunter Maulwürfe finden können. Die Erdwerfer stehen wie Regenwürmer ganz oben auf ihrem Speiseplan der Großvögel. „Das wird einer der Gründe dafür sein, dass zurzeit so viele Störche früher zurückkehren und diese Nahrungsquelle nutzen“, glaubt Körber. Denn Garry ist in der Region kein Einzelfall. Auch das Brutpaar am Paddelklub in Hannover-Döhren, das Storchenpaar in Vörie sowie Einzelstörche in Isernhagen und Hannover-Stöcken seien bereits aus ihren Winterquartieren zurück. Wo sich Garry nach seinem Abflug aus Laatzen im Herbst 2024 aufgehalten hat, ist unklar. „Keiner weiß, wo er war“, sagt Körber. Garrys Laatzener Nachbarn, die Brutstörche Gleidi aus Gleidingen und Poldi aus Koldingen, waren vor Kurzem noch mit mehr als 250 Störchen in Südhessen auf der Biokompostanlage in Büttelborn gesichtet worden. Laut Körber gibt es aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass Garry dort ebenfalls gewesen ist. Auch an der Biokompostanlage in Wunstorf-Kolenfeld sei er nicht gesehen worden. Körber geht jedoch davon aus, dass Garry während des gesamten Winters in Deutschland geblieben und nicht in den Süden geflogen ist.
Der Storchenbeobachter rechnet damit, dass auch die anderen Laatzener Tiere früher als sonst zurückkehren könnten. In Grasdorf müssen die Altvögel im Rahmen ihrer Möglichkeiten zunächst die Löcher in ihrem Nest reparieren, das auf einem Ring an der Spitze des Mastes auf dem Wasserwerksgelände ruht. „Die für Anfang Oktober geplante Sanierung des Nestes musste abgesagt werden, da der Boden so nass ist, dass eine Befahrbarkeit mit schwerem Gerät zurzeit nicht möglich ist“, bedauert Körber. „Wir sind jedoch guter Dinge, dass das Nest noch eine Saison halten wird.“