Bislang pflegt Laatzen Partnerschaften mit der französischen Stadt Grand Quevilly, dem polnischen Gubin und mit Waidhofen in Österreich. Dass nun auch die USA hinzukommen könnten, hängt mit einer Initiative aus Roselle zusammen: Die Gemeinde im US-Bundesstaat Illinois ist seit 2019 aktiv auf der Suche nach einer deutschen Partnerstadt, weil die Wurzeln vieler Bewohner in Deutschland liegen.
Auf Laatzen seien die US-Amerikaner durch eine private Verbindung gekommen, berichtet SPD-Ratsherr Harald Zietz, der sich für die Partnerschaftsidee starkmacht: Die Schwester des Laatzener SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Patrick Mewes, Sandra Martyn, lebt in Roselle. Sie habe den Kontakt hergestellt.
Entstanden ist daraus ein reger Austausch: Nach einer ersten Videokonferenz im Frühjahr 2021, mitten in der Corona-Pandemie, tritt inzwischen eine kleine Runde von Laatzenern einmal monatlich per Zoom mit den US-Amerikanern in Kontakt. „Wir haben uns gleich gut auf menschlicher Ebene verstanden“, sagt SPD-Ratsfrau Luisa Oyen, die zu den Initiatoren der Partnerschaft gehört. Nach den ersten Onlinetreffen habe sich in Laatzen noch im gleichen Jahr der Verein „Laatzen International Friendship“ gegründet, der bislang aus sieben Mitgliedern besteht. Sollte aus der Partnerschaft Realität werden, wolle man den Verein eintragen und ihn auf eine breitere Basis stellen.
2022 besuchten drei Laatzener die US-Gemeinde – damals aus Anlass der Feier zum 100-jährigen Bestehen Roselles. Mit dabei waren Oyen, Mewes sowie dessen Partnerin Josy Rabehl. Im Sommer 2024 folgte ein Gegenbesuch von Jerry Smiley, der im German Committee der Sister Cities Association von Roselle aktiv ist und bei einem Deutschland-Aufenthalt auch mit Bürgermeister Kai Eggert zusammentraf. Zwischen dem Committee und dem Laatzener Verein besteht inzwischen eine Absichtserklärung, auf eine Partnerschaft hinzuwirken.
„Man kann Roselle durchaus mit Laatzen vergleichen – von der Struktur, aber auch vom Gesellschaftlichen her“, sagt Luisa Oyen. Zwar ist Roselle mit 23.000 Einwohnern nur halb so groß wie Laatzen. Aber beide Kommunen befänden sich in der Nähe von großen Städten – im Fall von Roselle ist es die ungleich größere Weltstadt Chicago, deren Innenstadt etwa 35 Kilometer entfernt und per Pendlerzug (Chicago L-Train) gut erreichbar ist. Beide haben zudem eine polnische Partnerstadt: Bei Roselle ist dies Bochnia in der Nähe von Krakau.
„Es gibt dort viele Restaurants – und auch einen Park, der unserem Park der Sinne nicht unähnlich ist“, berichtet Oyen über Roselle. Beeindruckend sei, was die Amerikaner kulturell auf die Beine stellen würden: Anlässlich der 100-Jahr-Feier 2022 habe es ein Fest ähnlich dem Fest der Sinne gegeben – „aber viel, viel größer“ – mit Angeboten für Kinder, Kunstaktionen und Feuerwerk. „Da haben Vereine und Bürger und Gruppierungen ganz viel auf die Beine gestellt.“
Die deutschen Wurzeln vieler Menschen in der Region bei Chicago werden auch in den Städtenamen deutlich: Roselles Nachbargemeinden heißen Schaumburg und Hanover Park. Roselles Bürgermeister David Pileski wird auf der Internetseite des German Committee damit zitiert, dass er sich von der Auswahl Laatzens erhoffe, „unsere Verbindungen zu unseren früheren deutschen Wurzeln als bäuerliche Gemeinde zu vertiefen“.
Aber wie lässt sich eine Partnerschaft über so eine große Entfernung aufbauen, wenn schon die bestehenden Verbindungen nach Polen, Frankreich und Österreich nicht leicht zu pflegen sind? „Dadurch, dass die USA viel weiter weg sind, ist man gezwungen, neu zu denken“, sagt Oyen. Sie erhoffe sich auch Impulse für die anderen Partnerschaften – etwa mit mehr Videokonferenzen. So habe man mit den Amerikanern zum Beispiel ein gemeinsames Koch-Event mit der Video-App Zoom gemacht.
Die Amerikaner hätten nicht nur etliche Ideen, sondern auch riesiges Interesse daran, etwas über ihre Wurzeln zu erfahren. „Ich empfinde das als erfrischend“, sagt Oyen, die auch Vorsitzende der AG Partnerschaften der Stadt Laatzen ist. Zu den Festen in Roselles Jahreskalender zählt unter anderem die „Bockfest Parade“ im April, die sich um Bockbier dreht, eine deutsche Erfindung.
Profitieren könnten auch Laatzens Schulen. So ließen sich nicht nur Auslandsjahre und Austauschprogramme fördern, sondern auch Brieffreundschaften, heißt es im interfraktionellen Antrag von SPD, CDU, Grünen und FDP. „Bereits jetzt gibt es seitens einer Schule erste Anfragen zur Kontaktaufnahme im Rahmen des Englischunterrichts, beginnend ab Klasse 7.“
Die Entscheidung über die Partnerschaft soll bei der nächsten Ratssitzung am 27. Februar fallen. Im Antrag wird Bürgermeister Eggert aufgefordert, die Verbindung offiziell zu machen. Mit dem Beschluss würde der Rat zugleich ein älteres Votum aufheben: Vor knapp zehn Jahren hatte das Gremium neue Partnerschaftsinitiativen auf Eis gelegt, um die bestehenden zu vertiefen. Anlass war damals das Ersuchen der mazedonischen Gemeinde Kocani.
Wer Interesse am Verein Laatzen International Friendship und an der Partnerschaft mit Roselle hat, kann sich per E-Mail an Laatzeninternationalfriendship@gmx.de an die Initiative wenden.