Auch eine 35-jährige Kundin, die heute ebenfalls bei der Tafel einkauft, kommt mit ihrem Geld nicht über die Runden. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern arbeitet Teilzeit als Medizinische Fachangestellte. Doch ihr Gehalt reicht nicht, um die kleine Familie zu versorgen. „Die Gehälter steigen nicht so sehr wie die Produktpreise“, sagt sie.
Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für Nahrungsmittel vom Januar 2020 bis zum November 2024 um 34 Prozent gestiegen, auch viele Grundnahrungsmittel sind davon betroffen. Bei einzelnen Lebensmitteln ist der Preisanstieg noch drastischer: Butter ist fast 60 Prozent teurer, Margarine und Pflanzenfette über 50 Prozent. Käse und Quark kosten knapp 50 Prozent mehr, Molkereiprodukte und Eier 43 Prozent. Das Plus bei Mehl und anderen Getreideerzeugnissen liegt bei 45 Prozent, bei Brot sind es 40, bei Gemüse 30 Prozent.
Zwar ist die Inflationsrate zuletzt wieder leicht zurückgegangen, doch Lebensmittel bleiben teuer. Gründe sind unter anderem gestiegene Energiekosten, die schwierige internationale politische Lage sowie Arbeitskräftemangel und schlechte Ernten durch den Klimawandel. Aber auch versteckte Preiserhöhungen sowie Mitnahmeeffekte der Anbieter spielen laut Verbraucherzentrale eine Rolle.
„Viele können sich keine gesunden Lebensmittel wie Obst und Gemüse mehr leisten“, sagt Dietlind Osterkamp, Vorsitzende der Laatzener Tafel für Hemmingen, Laatzen und Pattensen. Seit der ersten Lebensmittelausgabe des Vereins im Mai 2008 ist die Zahl der registrierten Haushalte in den drei Kommunen von 520 auf rund 750 gestiegen. Lediglich Ende 2015, im Jahr der Flüchtlingskrise, lagen sie mit rund 920 Haushalten noch höher.
Zu jedem registrierten Haushalt gehören laut Osterkamp im Schnitt drei Personen. „Wir geben wöchentlich an rund 1300 Menschen gerettete Lebensmittel weiter“, sagt die Tafelvorsitzende. Denn nicht alle kämen auch regelmäßig zu den Lebensmittelausgaben.
Registrieren lassen können sich Menschen, die Bürgergeld, Grundsicherung, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. „Viele unserer Kunden sind Senioren, deren Rente vom Sozialamt aufgestockt wird, weil sie nicht reicht“, sagt Osterkamp.
2022 seien auch viele Ukrainer gekommen. Mittlerweile sei deren Zahl aber wieder zurückgegangen. Zugenommen habe hingegen die Zahl der jüngeren Geringverdiener. „Manche haben ab dem 20. kein Geld mehr, um Lebensmittel zu kaufen“, sagt Florian Patzelt, der seit August Betriebsleiter der Tafel ist. Glücklicherweise seien die Lebensmittelspenden im Gegensatz zu manchen anderen Tafeln nicht rückläufig, sagt Osterkamp. „Wir sind unseren Spendern dafür sehr dankbar, so müssen wir die Lebensmittelausgabe nicht rationieren.“ Täglich fahren die Ehrenamtlichen mehr als 30 Supermärkte, Tankstellen und Bäckereien an, um dort die Lebensmittel abzuholen, die die Unternehmen aussortieren, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum bald ausläuft oder bereits abgelaufen ist. „Wir retten die Lebensmittel, die sonst weggeworfen werden würden, um Menschen zu helfen“, sagt Patzelt.
Da die Ehrenamtlichen den Andrang kaum bewältigen konnten, galt seit dem Sommer 2022 ein Aufnahmestopp an den Ausgabestellen der Tafel in Laatzen, Hemmingen und Pattensen. Im Juni 2024 hat der Verein diesen wieder aufgehoben, dank eines neuen Systems in der Ausgabe. „Zuvor durften sich alle Kunden Lebensmittel selber aussuchen, was oft sehr lange gedauert hat, sodass sich lange Schlangen bildeten“, sagt Patzelt. Nun sortieren die Ehrenamtlichen Kisten mit Lebensmitteln vor, die jeder Kunde bekommt. „Wenn einer etwas davon nicht möchte, kann er es draußen in eine Kiste tun“, sagt Patzelt. Daraus könnten sich dann noch die anderen Kunden bedienen.
Die Betroffenen nehmen die Arbeit mit Dankbarkeit auf. „Die Tafel ist eine große Hilfe für mich“, sagt eine Mutter von vier Kindern aus Laatzen-Mitte. „Man zahlt heutzutage viel und der Einkaufswagen ist trotzdem fast leer.“