„Die Entscheidung zur Betriebsschließung wurde nach intensiven Überlegungen und einer sorgfältigen Prüfung aller Möglichkeiten getroffen“, erklärte Hermann Withake, Geschäftsführer der Vital-Fleisch GmbH in Speyer, zu der die Leine-Fleisch GmbH als eigenständiges Unternehmen gehörte. Alle Optionen, den Standort langfristig zu sichern, seien im Vorfeld abgewogen worden. „Jedoch ließen sich die erforderlichen Bedingungen für eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft nicht mehr realisieren.“ Hintergrund seien „wirtschaftliche und strukturelle Herausforderungen, die den Betrieb zunehmend belastet haben“.
Die Leine-Fleisch GmbH hatte den Schlachtbetrieb im Frühjahr 2017 vom insolventen Vorgänger Vogler Meat übernommen und zugleich Investitionen angekündigt. Das Konzept ging aber offenbar nicht auf.
Den Schlachthof im Gewerbegebiet gibt es bereits seit 1987. Lange wurden dort auch Rinder geschlachtet. Zuletzt konzentrierte sich der Betrieb allerdings ausschließlich auf die Annahme von Schweinen. 2000 bis 2500 Tiere wurden dort angeliefert und für die weitere Fleischverarbeitung vorbereitet. Bis zuletzt seien es wöchentlich 10.000 Schweine gewesen, so Geschäftsführer Withake. Letzter Schlachttag des Betriebes, der auch eine Biozulassung hatte, war der 29. Oktober 2024.Für Schweinelandwirte aus der Umgebung, die bisher den mittelständischen Betrieb in Gleidingen belieferten oder als Kunden anfuhren, kommt die Entscheidung nicht überraschend. Gleichwohl bedauern sie die Schließung. Ihre Tiere seien nun länger auf Lebendtransporten unterwegs, was bei der Planung der Touren, vor allem an heißen Sommertagen, berücksichtigt werden müsse. Die nächsten größeren Schlachthöfe liegen zwei bis zweieinhalb Stunden entfernt im Raum Oldenburg und bei Leipzig. Die längeren Wege gehen nicht nur zulasten der Tiere, sie bedeuten auch höhere Transportkosten.
So wichtig der Schlachthof Gleidingen für die umliegende Fleischproduktion und Fleischverarbeitung war, so sehr stand er immer wieder wegen Gerüchen in der Luft und im Abwasser in der Kritik. Auch mit der Trinkwasserverseuchung in Teilen Gleidingens im Sommer 2022 wurde der Betrieb schnell in Verbindung gebracht. In den betroffenen Bereichen wurden klassische Fäkalbakterien (E. coli und Clostridien) im Frischwasser nachgewiesen. Mehrere Faktoren, darunter die Fließrichtung und nachgewiesene Mängel an technischen Anlagen, deuteten auf den Schlachthof als Verursacher hin. Final konnten die Ermittler der Staatsanwaltschaft die Ursache für die Verunreinigungen aber nicht klären. Im Sommer 2023 wurde das Verfahren schließlich eingestellt.
Wie viele Mitarbeiter von der Schließung in Gleidingen betroffenen sind, dazu machte Geschäftsführer Withake keine Angaben – nur so viel: „Alle Mitarbeiter waren bei Leine-Fleisch direkt angestellt.“ Im Sommer 2020, als der Betrieb im Zuge der bundesweiten Debatte um Werkverträge und Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen in den Fokus geriet, waren 74 Menschen bei Leine-Fleisch beschäftigt: 30 Angestellte sowie 34 über Subunternehmen Beschäftigte in den Bereichen Schlachtung und Verladung sowie zehn Werkvertragsnehmer. Leine-Fleisch kündigte seinerzeit an, die Verträge aufkündigen und die Beschäftigten direkt einstellen zu wollen. Auslöser für die Umstrukturierung war allerdings weniger die Debatte um Werkverträge, sondern vielmehr frühere Ereignisse, wie der damalige Prokurist Florian Sonnet seinerzeit erklärte. Ende 2018 hatte eine Tierschutzorganisation verdeckt Videos mit Fällen von Tierquälerei gedreht und Leine-Fleisch angezeigt. Unter anderem war darauf zu sehen, wie ein Schlachthofmitarbeiter 19-mal einen Elektroschocker gegen ein bewegungseingeschränktes Schwein einsetzte.
Der Mann, der über einen Werkvertragsunternehmer bei Leine-Fleisch arbeitete, sei nach dem Vorfall sofort des Hauses verwiesen worden und nicht mehr für den Schlachthof tätig, so der Prokurist damals. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, sah aber keine hinreichenden Anklagegründe und stellte das Verfahren im Jahr 2020 ein.Wie es mit dem Schlachthofgelände im Gleidinger Gewerbegebiet weitergeht, ist noch unklar. Laut Vital-Fleisch-Geschäftsführer Withake wird ein Käufer gesucht. Ortsbürgermeisterin Silke Rehmert (SPD) bedauert die Standortaufgabe, weil damit Arbeitsplätze und ein Gewerbesteuerzahler verloren gehen. Zugleich könne sie die Entscheidung nachvollziehen, sagte sie. Der Betrieb habe sich erweitern wollen, aber dies nicht realisieren können. Laatzens Bürgermeister Kai Eggert (parteilos) wollte sich zur Schließung nicht äußern.