Noch vor wenigen Tagen lag dort Splitt, wie auch daneben vor dem Eingang. Doch am Samstag hat Rösler die feinen Steine entfernt. Stattdessen hat er den rund sieben Quadratmeter großen Streifen mit Erde gefüllt und zwölf kleine Pflanzen eingesetzt. Vor die Wand hat er Lärchenholzbretter gelegt. „Das ist absoluter Blödsinn“, sagt der Handwerker.
„Der Splitt war ein Spritzschutz für die Hauswand.“ Dies sei eine übliche Vorgehensweise, um zu verhindern, dass bei Regen Erde an die Wand spritzt und Feuchtigkeit in die Außenwände des Gebäudes gelangt.
Die Stadt Laatzen sieht das jedoch anders. Für sie ist der Streifen ein unzulässiger Schottergarten gewesen. Daher hatte sie dem Tischler vor rund einem Jahr einen Besuch abgestattet und ihn anschließend dazu aufgefordert, die Fläche zu begrünen. Diese Zeitung und anschließend auch die Satiresendung „Extra 3“ des NDR hatten seinerzeit darüber berichtet. „Ich bin danach von vielen Leuten darauf angesprochen worden, sogar im Urlaub auf Fehmarn“, sagt Rösler. Niemand habe die Anordnung der Stadt nachvollziehen können. „Das ist doch kein Garten von einem Einfamilienhaus, sondern ein Industriegrundstück.“ Die Fläche liege in einem Gewerbemischgebiet direkt an der viel befahrenen Hildesheimer Straße, wo es ohnehin kaum Insekten und Vögel gebe.
Das Team Bauordnung der Stadt blieb jedoch hart und schickte dem Handwerker im April dieses Jahres erneut eine Aufforderung zu, die Fläche zu begrünen. Diesmal gab Rösler nach und bepflanzte den Streifen. „Das hat mich einen ganzen Tag Arbeit und rund 500 Euro gekostet“, sagt der Tischler.
Verstehen tut er die Anordnung der Stadt aber immer noch nicht. „Wenn ich abends in Grasdorf spazieren gehe, sehe ich überall Schottergärten, die viel größer sind als mein kleiner Spritzschutz“, sagt er. Das liegt daran, dass die Stadt von sich aus keine Kontrollen durchführt, sondern nur Hinweisen auf Schottergärten nachgeht, die aus der Bevölkerung kommen.„Eine konzeptionelle Überprüfung sämtlicher Grundstücke im Laatzener Stadtgebiet ist rechtlich nicht erforderlich und aus Kapazitätsgründen auch nicht leistbar“, sagt Stadtsprecherin Sonja Westphal.
Aus Sicht von CDU-Ratsherr Siegfried-Karl Guder, der auch ehrenamtlich für die Stadt als Feld- und Forsthüter arbeitet, ist das ungerecht und fördert das Denunziantentum. „Einem kleinen Gewerbetreibenden werden hier zusätzliche Kosten und Arbeitsstunden verursacht, während es mehrere größere Betriebe in Laatzen gibt, deren Schotterflächen niemand bemängelt.“ Auch fehle eine genaue Definition, was überhaupt ein Schottergarten sei. Die Stadt beruft sich bei ihrer Einordnung auf die niedersächsische Bauordnung. Laut dieser müssen alle nicht bebauten Flächen von Grundstücken Grünflächen sein, soweit sie nicht anders genutzt werden, etwa als Carport, Terrasse oder für ein Gerätehaus. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Schottergarten vorliege, sei aber immer eine Einzelfallbetrachtung, wie die Stadt vor einem Jahr erklärte.
Seit das Team Bauordnung im Januar 2023 durch eine fünfte Sachbearbeiterstelle personell verstärkt wurde, geht die Stadt allen Hinweisen auf Schottergärten nach. Seitdem hat die Verwaltung laut Westphal bereits 37 Grundstücke kontrolliert, 21 davon wurden bislang zurückgebaut und in eine Grünfläche umgewandelt.