Eine Seniorin aus Sarstedt fiel am vergangenen Freitag auf die Masche der Telefonbetrüger herein, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Mitteilung am Montag berichten. Die Seniorin erhielt am Nachmittag einen sogenannten Schockanruf. Die Betrüger gaben sich am Telefon als Polizisten aus und gaben vor, eine nahe Angehörige habe einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Mensch gestorben sei. Damit ihre Verwandte nicht ins Gefängnis muss, sollte die Angerufene eine Kaution zahlen – was sie auch tat. Sie kümmerte sich um die größere Geldsumme in fünfstelliger Höhe, holte Schmuck und übergab es vor ihrem Haus einer angeblichen Polizeibeamtin.
Etwa zeitgleich mit der Abholung bekam die Polizei in Sarstedt einen Hinweis auf die Tat. Mehrere Beamte machten sich umgehend auf den Weg und trafen noch in der Straße, in der das Opfer wohnt, auf die mutmaßliche Betrügerin. Die Einsatzkräfte nahmen die 37-jährige Frau vorläufig fest und stellten bei ihr die Beute sicher. Die Tatverdächtige kommt aus dem europäischen Ausland und hat nach aktuellem Kenntnisstand der Behörden keinen festen Wohnsitz in Deutschland. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hildesheim erließ ein Haftrichter wegen der drohenden Fluchtgefahr am Samstagnachmittag Untersuchungshaft gegen die Frau. Sie kam anschließend in eine Justizvollzugsanstalt.
Die Ermittlungen in dem Fall dauern an. Aus diesem Grund macht die Staatsanwaltschaft auch keine genauen Angaben dazu, wie die Polizei von der Tat erfahren hat. Auch die Straße, in der die Beute übergeben wurde, nennt Sprecherin Christina Wotschke nicht.
Auch in Pattensen haben sich die Fälle in den jüngsten Wochen und Monaten gehäuft. „Wir haben gleich von mehreren Pattensern gehört, dass sie von Trickbetrügern angerufen worden sind“, berichtet Martina Götz, sie arbeitet für den Verein Mobile, der unter anderem Träger des Mehrgenerationenhauses und des Offenen Treffs ist. „Die meisten Angerufenen haben es noch rechtzeitig gemerkt und das Gespräch abgebrochen.“ Dennoch, meint Götz, nähmen die Fälle zu. Darum hatte Mobile zum Vortrag „Vorsicht, Lügentheater“ mit Dagmar Burow und Jürgen Frisch von der Opferschutzorganisation Weißer Ring eingeladen.
Neu sei in jüngster Zeit, hieß es da, dass nicht nur Senioren Ziel der Betrüger seien, sondern vermehrt auch jüngere Personen ab etwa 40 Jahren. „Wenn man das Thema in einem größeren Kreis anspricht, kann fast jeder von einem Fall berichten.“ So habe es auch in ihrer eigenen Familie einen Schockanruf gegeben, berichtet die Pattenserin. Dabei habe sich eine weinende Frau als Tochter ausgegeben und behauptet, ein Kind totgefahren zu haben und nun Geld zu brauchen.„Die Betrüger versuchen es auf vielen Wegen, und sie werden immer raffinierter.“ So nutzten sie auch künstliche Intelligenz, um eine ähnliche Stimme wie die der Angerufenen zu erzeugen. „Stimmen in der Familie sind oft ähnlich, sodass der Betrug noch echter wirkt.“ Wie schockierend ein solcher Anruf sein kann, hatte ein Pattenser im August vergangenen Jahres erlebt, als sein Sohn angeblich einen Menschen totgefahren haben sollte und Betrüger am Telefon Geld für eine Kaution forderten. „Das trifft einen wie ein Hammerschlag“, berichtete der Mann.„Die Fälle von Trickbetrug häufen sich in Pattensen“, bestätigt auch Dagmar Burow von der Opferschutzorganisation Weißer Ring. Erst im April hatten vermeintliche Polizeibeamte mehrere Senioren im Stadtgebiet angerufen und einen angeblichen Raubüberfall in der Nachbarschaft vorgetäuscht. Die Angerufenen sollten Wertsachen zur angeblichen Sicherung durch die Polizei bereitlegen.