Das ist auch am vergangenen Sonntag bei der Eröffnung der ersten niedersächsischen Feldhamster-Schutzstation in Koldingen der Fall. „Schön, dass sich die Feldhamster heute ein bisschen zeigen“, sagt Nina Lipecki zufrieden. Hamsterdame Antonia ist besonders aktiv: Immer wieder wirbelt sie durch den Käfig und klettert an den Gitterstäben herum. Offenbar werden die eher nachtaktiven Tiere durch die Geräusche der Anwesenden angelockt. „Lärm bedeutet immer, dass es etwas zu Fressen gibt“, erklärt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (AG) Feldhamsterschutz Niedersachsen, die kürzlich eine alte Scheune am Ruther Weg bezogen hat.
Nach und nach füllt sich die kleine Halle mit Interessierten, die sich über die Arbeit des Vereins informieren und natürlich auch echte Feldhamster zu Gesicht bekommen wollen. „Wir freuen uns sehr darüber, dass die Schutzstation hier eingezogen ist und der Hof wieder genutzt wird“, sagt Cindy Herrmann, die ihren vierjährigen Sohn Bruno mitgebracht hat. Herrmann wohnt gleich nebenan und will sich vor Ort einmal umsehen. „Bruno war ganz aufgeregt und wollte wissen, was hier mit den Hamstern passiert.“ Die Idee einer Schutzstation findet sie super. „Ich bin dankbar um jedes Tier, das man schützen kann“, erzählt die Koldingerin. Wie ihr Sohn, möchte auch Cindy Herrmann wissen, wie in der Schutzstation gearbeitet wird. „Ich möchte mich heute mal darüber informieren.“
„Früher waren Feldhamster in Niedersachsen weit verbreitet“, erzählt Lipecki. Heute seien sie fast nur noch in den Bereichen der Calenberger, Braunschweiger und Hildesheimer Börde südöstlich von Hannover sowie im Umkreis von Göttingen anzutreffen, und dies oft nur in geringer Zahl. Die AG Feldhamsterschutz möchte, dass sich das ändert. In Pattensen sollen aus der Natur entnommene Feldhamster zusammengebracht und nach der Paarung wieder im Göttinger Raum ausgesetzt werden, „im Optimalfall noch in diesem Jahr.“
Einige der 13 Tiere hätten Vereinsmitglieder nahe des Nordcampus der Göttinger Universität gesichert, drei weitere stammen aus dem Hildesheimer Raum. Am vergangenen Mittwoch sind sie in die Koldinger Scheune eingezogen. Dort sollen die Populationen miteinander gekreuzt werden. „In Göttingen gab es nur noch weniger als 20 Tiere, die sich untereinander gepaart haben.“
Mit der Vermischung will der Verein der Inzucht entgegenwirken. „Die Hamster werden unter Beobachtung zusammengebracht und nach der Paarung wieder getrennt“, beschreibt Lipecki das Vorgehen. Das Auswilderungsprojekt kooperiere mit der Heinz-Sielmann-Stiftung und werde wissenschaftlich unter anderem von einem Genetiker begleitet. Bei der Wiederansiedlung sollen einige Feldhamster zur Nachverfolgung ihrer Wege mit Telemetrie-Halsbändern ausgestattet werden. Zudem hat die Schutzstation eine Tierärztin eingestellt.
Mit der Eröffnung wollen die mehr als 100 Mitglieder des Vereins, der in ganz Niedersachsen aktiv ist und sich über Spenden finanziert, ihr Projekt möglichst transparent gestalten. „Die Leute sollen einen Einblick in unsere Arbeit bekommen“, erläutert Lipecki. „Wir wissen natürlich, dass es auch Kritiker gibt.“ In Koldingen seien derzeit rund 30 Mitglieder aktiv. Sie kümmern sich um die Tiere, bauen weitere Käfige, arbeiten gebrauchte auf und erledigen Papierkram. „Wir brauchen jede Menge Genehmigungen, weil Feldhamster geschützte Tiere sind und nicht einfach aus der Natur entnommen werden dürfen.“Die Besucherinnen und Besucher finden das Projekt spannend. „Wir haben davon gehört, dass die Schutzstation heute eröffnet wird“, sagt Benjamin Widmer. „Mein Sohn findet Hamster niedlich, also wollten wir uns mal umschauen.“ Das Projekt findet er unterstützenswert. Der Hannoveraner weiß aber auch, dass sich wohl nicht jeder über eine Ausbreitung der geschützten Tiere freuen wird. „Für Landwirte kann das natürlich kompliziert werden.“ Einem Freund, der ein Haus bauen wollte, hätten Feldhamster ebenfalls einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Damit muss man aber leben, das ist nun mal so. Ich glaube auch, dass die Akzeptanz in Zukunft weiter steigen wird.“
Seine bei Peine lebenden Eltern hat Widmer gleich mitgebracht. „Wir wohnen in Edemissen in der freien Natur und freuen uns über die vielen Tiere“, sagt Elfriede Widmer. „Wir finden die Schutzstation interessant und glauben, dass das ein sehr gutes Projekt ist.“
Da Feldhamster Ruhe brauchen, wird das Schutzzentrum seine Türen nur gelegentlich öffnen. Wer sich informieren oder den Verein unterstützen möchte, findet im Internet auf der Seite ag-feldhamsterschutz-niedersachsen.de weitere Informationen.