Über Pflanzen, Kontrolleund das Miteinander
Die Kestner Gesellschaft zeigt mit „Underwater Haze“ eine Einzelausstellung von Trevor Yeung

Trevor Yeung: Night Mushroom in shade (Teak Cabinet), 2024, im Auftrag von M+, 2024.Courtesy of the Artist, Foto: South Ho
Hannover. Wenn Natur-Elemente zur Kunst werden und die Kunst Natur neu denkt: Die Kestner Gesellschaft präsentiert mit „Underwater Haze“ die bislang umfangreichste Einzelausstellung mit Arbeiten von Trevor Yeung in Europa. Der chinesische Künstler, der mit Installationen aus Skulpturen, Fotografien und lebendigen Materialien, wie Pflanzen und Wasser arbeitet, erwarb 2010 seinen Abschluss an der Academy of Visual Arts der Hong Kong Baptist University. Er lebt und arbeitet in Hongkong, vertrat Hongkong 2024 mit der Ausstellung „Courtyard of Attachments“ auf der 60. La Biennale di Venezia und war Finalist des Sigg Prize 2023 sowie des Future Generation Art Prize 2021.

In der Kestner Gesellschaft formen seine Werke ein künstlich reguliertes System, in dem Wasser, Licht, Palmen, Kakteen, Teichpflanzen und Geräte zur Pflanzenzucht zu einer vielschichtigen räumlichen Struktur verschränkt sind. Eine vom Künstler erschaffene Landschaft entsteht, in der nichts einfach nur eine Insel ist. Ein zirkulierender Wasserkreislauf durchzieht die Installation, lässt ihre Elemente in einer Choreografie mteinander spielen und macht die Balance zwischen Kontrolle und Instabilität erfahrbar.

Ausgehend von seinem Wissen über Botanik und aquatische Ökosysteme entwickelt Yeung komplexe Arrangements, in denen pflanzliches Wachstum mit sozialen Dynamiken in Beziehung gesetzt werden. Denn auch der Mensch braucht Raum zum Wachsen, ebenso wie Fürsorge zum Gedeihen. Inwieweit Architektur dabei unterstützen oder auch behindern kann, untersucht der Künstler in einer für die Kestner Gesellschaft entwickelten räumlichen Konstellation aus Fotografien, Skulpturen, Installationen und Alltagsgegenständen. Den Anfang von „Underwater Haze“ machte eine Recherche in Hannover, bei der er das Goseriedebad, den Berggarten der Herrenhäuser Gärten, Aquaristikgeschäfte sowie queere Begegnungsräume in Niedersachsen besuchte.

Es geht dabei jedoch nicht nur um die Wechselwirkungen zwischen menschlichen, botanischen und aquatischen Lebensräumen. Trevor Yeung betrachtet Vorrichtungen aus der Pflanzenanzucht, etwa Lichtsysteme, Wasserbecken oder Gerüste als Modelle regulierter Fürsorge, in denen Zuwendung, Kontrolle und soziale Regeln ineinandergreifen. Das System ist kontrolliert und reguliert, sowohl innerhalb der künstlichen Landschaften als auch im menschlichen Zusammenleben als Gesellschaft. So entspinnt sich, leise und subtil, eine wunderschöne Symbolik über Resilienz, Ausdauer und innere Beharrlichkeit als Kontrast zu körperlicher und emotionaler Entfremdung – aber auch über das Potenzial der Überwucherung, das Ausbrechen aus dem kontrollierten System. Ein bisschen Rebellion, die am Ende vielleicht aufblühen lässt. Auch das kann bunt und subtil sein. Eine berührende Entdeckungsreise wartet in dieser Ausstellung.

„Trevor Yeung – Underwater Haze“ ist vom 16. August bis 16. November in der Kestner Gesellschaft, Goseriede 11, zu sehen. Geöffnet ist Dienstag, Mittwoch und Freitag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr sowie Donnerstag von 11 bis 20 Uhr. Der Eintritt kostet 7 Euro, es gibt zahlreiche Ermäßigungen, freitags ist der Eintritt frei.

Am Sonntag, 17. August, ist Trevor Yeung ab 14 Uhr bei einem Künstlergespräch mit Kurator Alexander Wilmschen zu Gast. R/HRInformationen und
alle Eintrittspreise:
kestnergesellschaft.de
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