Unter Studierenden löst das Empörung aus. Den Elchkeller gibt es seit rund 50 Jahren, Generationen von Studis sind in dem Keller ein und aus gegangen. Ein Kollektiv betreibt dort ehrenamtlich das Café, Studis treffen sich zum Lernen und Austausch.
Rund 300 Menschen trafen sich zum Protest vor dem Gebäude, das ansonsten Räume für Sozialwissenschaften, Politik und Philosophie beherbergt. „Der Elchkeller ist ein Ort, an dem junge Menschen lernen, sich zu engagieren, Verantwortung zu übernehmen und für die Rechte von Minderheiten und den Schutz der Demokratie einzutreten“, sagte Uta Saenger von den Omas gegen Rechts in ihrem Redebeitrag.
Die Begründung der Uni für die abrupte Kündigung: Bei Veranstaltungen des Elchkellers komme es regelmäßig zu Sachbeschädigungen im Innen- und Außenbereich. Uni-Sprecherin Mechtild von Münchhausen spricht von einem Straftatbestand. Konkret nennt sie Graffiti an Wänden und Türen. „Dieser Umgang mit dem Gebäude führt zu deutlichem Unmut auch anderer Nutzer.“
Der AStA der Leibniz Uni weist die Argumentation zurück. „Das Problem mit den Tags und Stickern gibt es überall an der Uni. Dann müssten auch viele andere Räume geschlossen werden“, sagt Tom Behrens vom AStA. Der Elchkeller sei neben den eigentlichen AStA-Räumen der einzige Ort, den Studierende noch frei nutzen könnten. „Es ist eine soziale Begegnungsstätte. Auch Profs und Hiwis trinken dort ihren Kaffee.“
Die Uni hat die Kellerräume in den Siebzigerjahren dem AStA zur studentischen Selbstverwaltung überlassen. Letzterer hat sie dem Elchkeller-Kollektiv übergeben.
Das selbst verwaltete Café ist Treffpunkt für queere und politisch engagierte Studis. So nutzen aktuell Gruppen wie die Students for Future, die kritischen Juristinnen/Juristen und die studentische Gruppe Queerkeller Hannover die Räume.
Unter den Nutzern sind etliche bestürzt. Einer jungen Frau stehen die Tränen in den Augen. Der 23-jährige Simon sagt: „Ich finde das Vorgehen der Uni unverhältnismäßig.“
Der E-Technik-Student ist selbst in der queeren Hochschulgruppe engagiert. „Im Elchkeller muss ich nicht verstecken, dass ich queer bin“, sagt Lea (21) vom Queerkeller.
Die Elchkeller-Leute haben übers Wochenende geradezu panikartig das Treppenhaus in den Keller sowie die dortigen Toiletten von Stickern und Graffiti befreit und alles akkurat in Grau gestrichen. Im Café selbst sind viele Flächen noch mit Graffiti und Stickern übersät. Eine ehemalige Dozentin sagte dazu auf der Kundgebung: „Die demokratische Uni und Gesellschaft muss auch Unliebsames aushalten.“
Was womöglich den besonderen Ärger im Präsidium auslöste: Ein Schriftzug an einer Tür zu einem Lagerraum wandte sich direkt gegen die Universität. „Die massive Sachbeschädigung etwa über Graffiti geht einher mit einer inhaltlichen Verunglimpfung der Universität“, sagt Uni-Sprecherin von Münchhausen.
Der Elchkeller selbst sei vor einigen Jahren aufwendig saniert, für die Studierenden hergerichtet und an den AStA übergeben worden. Die investierten Kosten lagen bei mehr als 500.000 Euro.
„Es ist schade und unnötig, dass durch die Ignoranz sicherlich einiger weniger Personen nun insgesamt das Thema so eskaliert ist, dass sich die Hochschulleitung zur Schließung entschlossen hat“, sagt von Münchhausen.
Politiker der Linken und der Grünen kritisieren die angekündigte Schließung des Elchkellers.
„Die Entscheidung der Universitätsleitung ist ein Angriff auf studentische Selbstorganisation, politische Teilhabe und gelebte Vielfalt auf dem Campus“, sagt die Linken-Bundestagsabgeordnete Maren Kaminski. Der Elchkeller sei seit Jahrzehnten ein wichtiger Freiraum für studentische Kultur und sollte geschützt statt geräumt werden. Kaminski hat selbst an der Leibniz Uni studiert und kennt den Elchkeller aus dieser Zeit.
„Der Elchkeller ist kein Problemfall, sondern gelebte studentische Mitbestimmung, kulturelle Vielfalt und queere Sichtbarkeit. Deshalb ist seine Existenz so wichtig“, sagt Liam Harrold von der hannoverschen Ratsfraktion Grüne/Volt/Piraten. Die Ratsfraktion fordere von der Universität ein Bekenntnis zu studentischer Selbstverwaltung. „Die pauschalen Vorwürfe, mit denen die Schließung begründet wird – Graffiti, Aufkleber, Vandalismus im Umfeld – sind weder belegt noch in direktem Zusammenhang mit dem Elchkeller nachgewiesen“, so Harrold.
Die Linke Hannover appelliert an das Uni-Präsidium, mit den Studierenden eine Perspektive für den Elchkeller zu entwickeln. „Solche Orte prägen eine lebendige Hochschule und dürfen nicht über Nacht plattgemacht werden“, sagt Felix Mönkemeyer, Linken-Ratsherr in Hannover und Regionsabgeordneter.
„Die Argumentation der Uni, dass Sticker und Graffiti im Treppenhaus Grund genug für eine Räumung seien, ist vorgeschoben und absurd“, meint Kaminski. Statt studentisches Engagement zu kriminalisieren, solle die Universität es fördern.
Auch unter Dozenten ist die Schließung umstritten. „Wir haben an der Uni andere Probleme als ein paar Sticker oder Graffiti an der Wand“, sagt eine Mitarbeiterin.
Stand bei Redaktionsschluss: Der AStA hat eine Verlängerung der Räumungsfrist beantragt. Das Elchkeller-Kollektiv bemüht sich um ein Gespräch mit dem Uni-Präsidium.