Wenn wir zu Spaten und Schubkarre greifen, überkommt es viele immer wieder: das kleine, große Gartenglück. Eine Studie der Universität Tokio bestätigt, dass regelmäßige Gartenarbeit die Stimmung verbessert und die Lebenszufriedenheit erhöht. An diesen Effekten ist das Wohlfühlhormon Serotonin beteiligt, das unter anderem im Kontakt mit Erde und Tageslicht ausgeschüttet wird. Es sorgt für bessere Stimmung und kann negative Gedankenspiralen und übermäßiges Grübeln reduzieren.
Im grünen Refugium erleben wir die Wirkung unseres Tuns zudem unmittelbar. Wenn dank unserer Pflege der erste eigene Salat auf dem Teller landet oder der just aufgehängte Nistkasten von einem Meisenpaar zum Brüten bezogen wird, sind das kleine Erfolgserlebnisse mit großer Wirkung. Das Erleben von Selbstwirksamkeit ist essenziell für unser Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und hilft uns, den Herausforderungen des Lebens gelassener zu begegnen.
Beim Graben, Zupfen und Gießen passiert oft auch etwas, wofür wir sonst Yogakurse oder Massagen buchen: Wir entspannen – und das sogar recht zügig. Ursächlich hierfür ist ein rapide sinkender Spiegel des Stresshormons Cortisol. Eine Studie der Universitäten Westminster und Essex hat gezeigt, dass bereits eine halbe Stunde Gartenarbeit ausreicht, um das Stressniveau merklich zu senken.
Zu dem erholsamen „Grounding-Effekt“, also dem im wahrsten Wortsinne „erdenden“ Gartenerlebnis, trägt ein winziges Bakterium bei. Dieses steckt – wo auch sonst – im Erdboden. Während wir darin buddeln, sorgt das Mycobacterium vaccae dafür, dass die Anspannung des Alltags von uns abfällt und sich unsere Stressresistenz erhöht.
Bis ins letzte Detail weiß die Forschung noch nicht, wie das Umweltbakterium auf die Psyche wirkt. Die sogenannte „Old-Friends-Hypothese“ besagt: Sogenannte „Alte Freunde“, also Mikroorganismen, denen der Mensch früher ständig ausgesetzt war, regulieren das Immunsystem und verhindern überschießende Reaktionen und Erkrankungen, die durch Stress ausgelöst werden. Durch zu viel Hygiene kommen wir jedoch kaum noch mit ihnen in Kontakt. Ein Plädoyer für schmutzige Hände!
Duftende Erde, summende Bienen, Snacks direkt aus dem Beet: Die vielfältigen Eindrücke im Garten sind auch ein wahres Fest für unsere Sinne. Beim Gärtnern können wir sie ganz bewusst erleben – insbesondere dann, wenn wir achtsam gärtnern, also ohne Hast; die Natur mit allen Sinnen wahrnehmen; und uns immer wieder Pausen gönnen, um zu verweilen und zu genießen.
Mit allen fünf Sinnen im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, entspannt nicht nur, es sorgt auch für beeindruckende Umbaumaßnahmen im Gehirn. Schon nach wenigen Wochen achtsamer Praxis schrumpft das Angstzentrum, die Amygdala. Dafür wachsen jene Areale, die für Gedächtnis, Mitgefühl und Kreativität zuständig sind. Nicht umsonst kommen einem beim Jäten manchmal schöne Erinnerungen oder die allerbesten Ideen. Diese kognitiven Effekte können sogar vor dem geistigen Abbau im Alter schützen. Eine Langzeitstudie der Universität Edinburgh bestätigt, dass Gartenarbeit bei älteren Menschen mit besseren Gehirnfunktionen einhergeht. Es kann neurodegenerative Prozesse verlangsamen und helfen, das Gehirn länger fit zu halten.Die vielfältigen Wirkungen auf die mentale Gesundheit sind mittlerweile so gut erforscht, dass die Gartenarbeit immer öfter therapeutisch eingesetzt wird. Diese Therapieform wird von speziell ausgebildeten Fachkräften begleitet und individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden abgestimmt, etwa in der Rehabilitation nach Schlaganfällen, bei Menschen mit einer Demenzerkrankung oder zur Behandlung von Depressionen. Laut einer Studie der Universität Kopenhagen erzielt das therapeutische Gärtnern hier ähnlich gute Erfolge wie eine kognitive Verhaltenstherapie. In Großbritannien gibt es die Gartenarbeit seit einigen Jahren auf Rezept: Beim sogenannten „Green Social Prescribing“ werden naturnahe Gemeinschaftsaktivitäten wie Wandern, Outdoor-Sport oder eben Gärtnern vom Arzt verordnet, um das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten zu fördern. Sie besitzen keinen Garten? Gesundheitliche Effekte entfalten Pflanzen auch auf dem Balkon oder Fensterbrett. Je öfter Sie allerdings unter freiem Himmel gärtnern, umso besser für das mentales Wohlbefinden. Fangen Sie klein an: Ein großer Garten kann Stress verursachen. Legen Sie lieber mit einer überschaubaren Fläche wie einem (Hoch-)Beet oder einigen Kübeln los, dann feiern Sie schneller Erfolge. Achtsam gärtnern: Erledigen Sie alle Arbeiten ganz in Ruhe und geben Sie sich dabei den vielfältigen Sinneseindrücken hin. So stellt sich bald ein entspannender Effekt ein. Werden Sie kreativ: Gärtnern heißt immer auch, zu experimentieren. Die Natur hat ganz eigene Gesetzmäßigkeiten und kein Gartenjahr gleicht dem anderen. Bleiben Sie offen, lernen Sie die Rhythmen der Jahreszeiten kennen und versuchen Sie, mit Unvorhergesehenem kreativ umzugehen. Das stärkt die Selbstwirksamkeit.
Gemeinsam ackern: All das kann noch mehr Spaß machen, wenn man es mit Gleichgesinnten teilt. So haben Einsamkeit und ihre negativen Gesundheitseffekte keine Chance.