Muntendorf ist 1982 in Hamburg geboren und hat an der Musikhochschule in Köln studiert, wo sie seit 2019 als Professorin für Komposition lehrt. Sie ist künstlerische Leiterin des Ensembles Garage und hat bis 2023 zehn Jahre lang das queer-feministische Festival „Frau* Musica Nova“ geleitet. In ihren Stücken arbeitet sie fast immer spartenübergreifend und nutzt und untersucht dabei die Möglichkeiten von digitalen Medien und Künstlicher Intelligenz. Eines ihrer offiziellen Fotos zeigt sie vor einem Bild des berühmten Boxkampfs „Rumble in the Jungle“ zwischen Muhammad Ali und George Foreman. Ob ihr Dienstantritt in Hannover ebenfalls ein Donnergrollen durch das Festival schicken wird, wird sich zeigen.
Mit den Kunstfestspielen hat Muntendorf bereits Erfahrung, drei Arbeiten von ihr waren dort während der Intendanz von Metzmacher zu sehen – zuletzt „Bilderschlachten“ im Jahr 2022. „In diesem Stück offenbart sich fast alles, was die Kunstfestspiele zu einem so außergewöhnlichen Format machen“, schrieb dieses Medium damals dazu: Das Stück vereine „singende Tänzer, tanzende Musiker und viele weitere scheinbare Gegensätze zu einer sehr verrückten, sehr klugen und sehr unterhaltsamen Produktion, die sich den herkömmlichen Kategorien entzieht“.
Musik, Tanz und bildende Kunst würden sich darin zu einer modernen Form des Gesamtkunstwerks verbinden, das mehr sei als die Summe seiner Bestandteile: „Es ist etwas Schillerndes, Neues darin.“
Die Suche nach der neuen Leitung lag in den Händen der Stadtverwaltung. Kulturdezernentin Bender hat sich dabei von einer Bewerbungskommission beraten lassen, der unter anderem Schauspielintendantin Sonja Anders und Lavinia Francke von der Stiftung Niedersachsen angehörten. Aus einem Kreis von 30 Personen wurde jetzt Muntendorf ausgewählt. Sie soll einen Fünfjahresvertrag bekommen.
Der aktuelle Kunstfestspiel-Intendant Ingo Metzmacher hatte vor einem Jahr überraschend angekündigt, das Festival im Herbst 2025 zu verlassen. Der 67-Jährige gab dafür persönliche Gründe an. Trotz des laufenden Sparprogramms hat die Stadt sich damals klar zur Weiterführung der Kunstfestspiele bekannt. Zugleich wurden die Ergebnisse einer Beratungsfirma veröffentlicht, die drei Festival-Ausgaben untersucht und Ideen entwickelt hat, wie die Kunstfestspiele weiterentwickelt werden können.
Dieses Papier dürfte nun auch eine Leitschnur für Muntendorf sein. Besonders hervorgehoben wird darin die programmatische Ausrichtung der Kunstfestspiele als interdisziplinäres Festival, das zeitgenössisches und internationales Kunstgeschehen nach Hannover bringe: Dieses „überzeugende Alleinstellungsmerkmal“ sei bislang noch nicht „optimal kommuniziert“ und könne „programmatisch noch konsequenter“ umgesetzt werden, so die Autoren der Studie. Die Berater regten zudem an, den Anteil der Aufführungen in den Herrenhäuser Gärten auf bis zu 90 Prozent zu erhöhen. Dazu sollen nur wenige weitere Spielorte wie der Kuppelsaal kommen, der besonders viel Publikum fasst, oder solche, die als niedrigschwellig gelten, wie etwa das Kulturzentrum Faust.
In diesem Jahr wird eine Produktion von Muntendorf bei den Kunstfestspielen zu sehen sein: Das Stück „Orbit – A War Series“ kommt nach Stationen bei der Biennale von Venedig, der Elbphilharmonie und dem Berliner Humboldt-Forum im Frühjahr nach Herrenhausen. Das erste von ihr als Intendantin geplante Festival soll 2026 zu sehen sein.