Den Trainerwechsel gaben die Scorpions am Montagabend per knapper Pressemitteilung bekannt – sowie in den sozialen Medien. Dort waren die Reaktionen unterschiedlich. Von „Karnevalsverein“ und „Lächerlichkeit“ bis hin zu „peinliche Außendarstellung“ war alles vertreten – aber auch Gratulationen für die richtige Entscheidung der Gaudet-Rückkehr und Erleichterung, dass nun alles besser wird. Die Scorpions-Chefs waren für eine Stellungnahme zum Trainer-Beben bis Dienstagabend nicht erreichbar.
Was ist bislang passiert?In der Tat war die Außendarstellung der Scorpions-Organisation zuletzt suboptimal. Lange war nach Saisonende nicht klar, ob es mit Gaudet als Trainer weitergeht, die Nachfolge lange Zeit vakant. Erst am 22. Juli wurde Stolikowski als neuer Coach verkündet – damit machte es der Sportdirektor einfach in Doppelfunktion. Er konnte mit dem Kader, den auch er zusammengestellt hatte, arbeiten – ohne einem neuen Coach im Wege zu stehen. Diesen hatten die Scorpions mit Barrasso gefunden, am 1. Dezember hatte er sein erstes Spiel. Nach nur zwölf Partien und einer mittelmäßigen Ausbeute von sechs Siegen und sechs Niederlagen war es für den US-Amerikaner vorbei. Jetzt übernimmt wieder Gaudet – überraschend, denn ihm wird nun neun Monate später das zugetraut, was in seinen zwei Saisons zuvor mit dem Verpassen des DEL2-Aufstiegs misslang.
Was hinterlässt Barrasso?Er dürfte in die Scorpions-Historie als großes Missverständnis eingehen, das die Verantwortlichen um Sportchef Eric Haselbacher 13 Partien vor Play-off-Beginn gerade noch korrigieren konnten. Seit Amtsantritt sparte Barrasso nicht mit öffentlicher Kritik an seinem Team. Beispiele: Er sei genervt, es fehle die harte Arbeit auf dem Eis – und man müsse sich hinterfragen, alles gegeben zu haben. Aussagen, die dem Vernehmen nach in der Mannschaft nicht gut ankamen und dem Coach keinen Rückhalt einbrachten.
Wie ist der Ex-Coach zu bewerten?Ebenfalls unglücklich wirkten Aussagen von Barrasso, der dem Team fehlende Fitness vorwarf und es durch intensives Training auf links krempelte – was quasi ein Vorwurf an Stolikowski war. Unter ihm gewannen die Scorpions jedoch 15 von 19 Spielen. Genauso fragwürdig: In Rostock, als es die dritte Niederlage im dritten Spiel gab, erzählte Barrasso in der Pressekonferenz, dass er ein Angebot aus der DEL2 vorliegen hatte und eigentlich dort arbeiten wollte. Als Fazit lässt sich festhalten, dass ein zweifacher Stanley-Cup-Champion nicht automatisch ein guter Trainer ist. Zwar arbeitete der 59-Jährige in der NHL auch bei den Carolina Hurricanes als Torwart- und Co-Trainer. Als Chefcoach war er aber nur sechs Saisons in Italien tätig – mit überschaubarem Erfolg.
Ergibt das Gaudet-Comeback Sinn?Den Barrasso-Fehler hat die Scorpions-Organisation nun korrigiert. Erneut übernimmt der ewige Gaudet. Und auch wenn diese Entscheidung Haselbachers kurios wirkt – sie ist der einzig richtige, um die Saison noch zu retten. Ein neuer Coach muss kurz vor den Play-offs sofort funktionieren. Und wenn einer Scorpions kann, dann Gaudet. Er kennt das Team wie seine Westentasche. Mit 52 Siegen in 56 Hauptrunden-Spielen in der Saison 2022/2023 plus Erreichen des Halbfinals sowie dem Finalzug in der vergangenen Spielzeit war das jüngste Gaudet-Engagement schließlich auch nicht unerfolgreich.
Die Ergebnisse der Eishockey-Oberliga vom Freitagabend lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor (Anm. der Redaktion).