Seit einigen Jahren forscht der Physiker mit seinem Team in Hannover sowie Professor Steffen Emmert von der Universitätsmedizin Rostock an einem intelligenten Hautscanner, der die Diagnose der lebensbedrohlichen Krankheit stark beschleunigt. Bisher wird Patienten bei Verdacht auf schwarzen Hautkrebs, Fachbegriff malignes Melanom, eine größere Gewebeprobe entnommen. Das ist schmerzhaft, und auf das Ergebnis müssen die Betroffenen rund zwei Wochen warten.
In dieser Zeit bleiben die Patienten im Ungewissen. „Das ist psychisch oft sehr belastend. Der Scanner soll solche chirurgischen Eingriffe für die Diagnose überflüssig machen“, sagt Roth. Die Ergebnisse liefert das Gerät dank Künstlicher Intelligenz unverzüglich. Direkt nach dem Hautscan ist damit klar, ob es sich bei der Hautveränderung um einen bösartigen Tumor handelt oder nicht.
Deshalb kann die Behandlung wesentlich schneller starten. Wohl noch wichtiger: Der Scanner erfasst auch Stellen, die bisher oft unbemerkt bleiben. Das kann entscheidend sein. „Wenn der Krebs in einem frühen Stadium erkannt wird, liegen die Heilungschancen über 90 Prozent“, sagt Roth. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft steigt die Häufigkeit von Hautkrebs seit einigen Jahrzehnten stetig. In Deutschland hat sich die Zahl der Neuerkrankungen an schwarzem Hautkrebs von 1970 bis 2015 verfünffacht.
Für die „optische Biopsie“ hat das interdisziplinäre Team aus Physikern und Medizinern einen Scanner entwickelt, der dreidimensionale Bildgebung für das Erfassen der Hautstruktur nutzt. Damit lässt sich die Form und auch die Tiefe einer Hautschädigung erkennen und abbilden. „Wir können mit dem Gerät unter die Haut schauen. Und weil wir die Ergebnisse verschiedener Messmethoden kombinieren, werden Ungenauigkeiten geringer und die Diagnose verlässlicher“, erklärt Roth.
Vier verschiedene Messverfahren sind dazu in dem Messgerät integriert: die optische Kohärenztomographie, die Raman-Spektroskopie, die photoakustische Tomographie und die Hochfrequenz-Ultraschall-Bildgebung. Im Wesentlichen basiert das System auf Lasertechnik und wurde bisher in präklinischen Studien an mehreren Dutzend Patienten mit unterschiedlichen Hautverletzungen getestet. Sobald die erste Datenbasis groß genug ist, wird eine KI-Software darauf trainiert, die Hautveränderungen zu diagnostizieren.
„Die Entwicklungen in der Lasertechnik und der smarten Datenanalyse schreiten ständig voran, das hilft uns für den Hautscanner sehr. Die Messtechnik wird viel kleiner und kostengünstiger“, berichtet Roth, der mit seiner Gruppe bereits seit vielen Jahren in verschiedenen Projekten zur optischen Diagnose von Hautkrankheiten forscht. Im prestigeträchtigen Exzellenzcluster PhoenixD der Leibniz-Uni leitet der Professor die Arbeitsgruppe Präzisionsmetrologie.
„Am Ende entscheidet immer der Arzt. Doch die KI kann Muster und Anomalien viel besser und schneller erkennen“, sagt Roth. Und sie wird den Dermatologen auch erklären, aufgrund welcher Kriterien die Diagnose zustande kommt. „Die Ärzte bekommen mehr objektive Kriterien an die Hand.“Die Forscher haben ausgerechnet, wie sich ihre Entwicklung finanziell auf das Gesundheitssystem auswirken könnte. Wenn schwarzer Hautkrebs frühzeitig entdeckt wird, ließen sich pro Jahr rund 650 Millionen Euro an Behandlungskosten einsparen, die bei einer fortgeschrittenen Erkrankung umso höher ausfallen. Und für die Bedienung des Scanners sind Ärzte nicht erforderlich. „Das spart viel Zeit“, sagt Roth.
Für ihre Entwicklung hat das Team aus Hannover und Rostock in Hamburg den Helmholtz-Preis für angewandte Messtechnik bekommen. Zu den Geehrten gehören neben Roth und Emmert, Leiter der Klinik für Dermatologie in Rostock, die Forscher Anatoly Fedorov Kukk, Di Wu und Felix Scheling aus Hannover sowie Rüdiger Panzer aus Rostock. Der Preis wird alle zwei Jahre für hervorragende Forschung auf dem Gebiet der Präzisionsmessungen in Physik, Chemie und Medizin verliehen und ist mit 20.000 Euro dotiert.
Bis zur Marktreife des Scanners wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Allein die Zertifizierung als Medizinprodukt kann fünf Jahre dauern. Als Nächstes stehen zuvor aber die notwendigen klinischen Studien an, um Sicherheit und Wirksamkeit des Geräts nachzuweisen.