Er feiert 20 Jahre Seh-Fest
René Schweimler (51) hat das Open-Air-Kino an der Gilde Parkbühne etabliert. Der Macher erzählt zum Jubiläum Anekdoten.

Rückblick: Organisator René Schweimler (links) mit HC-Gründer Wolfgang Besemer während der Pressekonferenz zum 2. Seh-Fest-Saison im Jahr 2006.Foto: Das Fahrgastfernsehen
Hannover. Wenn er an das erste Jahr des Seh-Fests denkt, muss René Schweimler (51) lachen. Dabei war ihm damals eher nach Heulen zumute: „Es waren an 16 Veranstaltungstagen 3000 Zuschauerinnen und Zuschauer da - 1000 davon eingeladen.“ Dann fällt ihm noch ein Abend mit Programm neben dem üblichen Kinofilm ein: Eine 25-köpfige Gospeltruppe stand auf der Bühne und performte „während im Publikum zwölf zahlende Menschen saßen“.

Initiator Schweimler war zeitweise „ziemlich frustriert“. Er hat schlichtweg alles den Bach runtergehen sehen, im wahrsten Sinne: „Wir hatten 17 Tage Regen an 16 Veranstaltungstagen“, rechnet er absichtlich falsch vor. Auch in Sachen Finanzierung lief es nicht rund. „Das Budget sollte für drei Jahre reichen. Verballert war es schon im ersten.“ Geknickt sprach er im Büro von Wolfgang Besemer († 61) vor. Der Hannover-Concerts-Gründer hat das Seh-Fest von Anfang an unterstützt, das Unternehmen ist bis heute Partner.

Jedenfalls hat Besemer Schweimler motiviert, erneut Geld für das Open-Air-Kino zu sammeln. „Für ihn wäre es ein Leichtes gewesen, ein bisschen zu telefonieren“, resümiert der einstige Seh-Fest-Frischling die Lehrstunde des erfahrenen Veranstalters, „aber er hat mich losgeschickt.“ Von nichts kommt nun mal nichts. Im zweiten Jahr stand das Event schon besser da, das Wetter spielte mit, die erste Vorführung war mit 1000 Gästen direkt ausverkauft – der „Da Vinci Code“ mit Tom Hanks (69) und Audrey Tautou (48) wurde auch auf der Gilde Parkbühne zum Kassenschlager.

Das, was sich anfangs als ziemlich zäh gezeigt hat, ist mittlerweile längst etablierter Bestandteil des Sommers in Hannover. Und in diesem Jahr feiert das Seh-Fest 20-jähriges Bestehen. Seitdem haben sich 450.000 Besucherinnen und Besucher dort die erfolgreichsten Kinofilme (aus dem Vorjahr) angesehen. Das besondere Flair auf der Veranstaltungsfläche wurde immer beliebter, das Picknickkonzept kam bei Cineastinnen und Cineasten an. Essen und Getränke mitzubringen, ist erwünscht.

„Tomate-Mozzarella, Quiche Lorraine, Frikadellen, Käse-Igel“, zählt Schweimler auf, was ihm in all den Jahren so unter die Nase gekommen ist. „Dankenswerterweise wurde ich hier und da sogar eingeladen, mal zu probieren.“ Es erfülle ihn mit Freude, zu sehen, „wie liebevoll die Leute ihre Körbe bestücken“. Was vor allem bei den Frauen nicht fehlen darf – die Damenwelt macht das Gros der Gäste aus – sind Piccolos, wahlweise fließt Prosecco auch aus großen Flaschen.

Für die 20. Ausgabe – in diesem Jahr läuft das Seh-Fest vom 22. Juli bis zum 16. August – hat sich René Schweimler ein paar Besonderheiten überlegt. Zum einen gibt es an drei Tagen den Überraschungsfilmabend. Dem Publikum werden vier Filme vorgeschlagen (Komödien, Romanzen, Musikfilme), per Fahrgastfernsehen-App entscheidet es, was gezeigt wird. Mit dem Film-Roulette geht es am Premierenabend schon los, Einlass ist immer um 20 Uhr, Filmstart gegen 21.30 Uhr mit Einbruch der Dunkelheit.

„Weiteres Highlight ist unsere 28-Stunden-Party von acht bis Mitternacht“, verrät der Seh-Fest-Macher. Die unterschiedlichen Sessions (Nachtschwärmer, Frühstücksei, Käffchen/Kuchen, Sundowner) sind bereits ausverkauft, auch für den Zeitslot von 6 bis neun 9 morgens – die Krasse-Leute-Session – gibt es keine Tickets mehr. Lediglich für den Abend am 9. August (Überraschungsfilm „Musik“) gibt es noch Karten – wie immer à 9 Euro pro Person.

Während des Film-Marathons will Schweimler die eine oder andere Anekdote aus 20 Jahren zum Besten geben. Vielleicht sogar welche, die er uns anlässlich des Jubiläums erzählt hat. Etwa, als mal kein Filmvorführer da war. „Also ist einer mit dem Taxi zu uns gekommen, nachdem er im Cinemaxx alle Filme angeworfen hatte“, erinnert sich Schweimler. Oder als Starkregen das Gelände unter Wasser gesetzt hat und das hiesige Entsorgungsunternehmen Aha „über Nacht überall Rindenmulch verteilt hat, damit es nicht aussah wie in Wacken“.

Zu seinen Lieblingsgeschichten gehört allerdings diese: In Zeiten, als die Karten ausschließlich an der Abendkasse verkauft wurden, gab Schweimler mit Hannover-Concerts-Chef Nico Röger (36) die Kinotickets aus. „Plötzlich kam ein Gewitter auf und wir haben allen den Betrag mit Tränen in den Augen wieder ausgezahlt. Sie sind wegen des Wetters wieder gegangen.“

Nur einem hatten sie die Heimfahrt verweigert: Dem Mann im Cocktailhäuschen. Trotz der Möglichkeit, sich selbst zu versorgen, gibt’s bei Seh-Fest Stände mit Essen und Trinken, dieses Jahr sogar mal mit Burgern aus dem „Food Mafia“-Truck von Gastronom Christoph Eisermann (41). „Du bleibst“, haben sie ihm gesagt, „und dann haben wir zu zweit das ein oder andere Getränk zu uns genommen, der Himmel war wieder klar. Das Ganze endete dann morgens bei einer Pizza.“ Auch irgendwie filmreif.





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