Die Lotus Krippe ist eine besondere Kita. Als „Lernwerkstatt für nachhaltige Entwicklung“ sind überall kleine Forscherstationen aufgebaut. Hier können die Kinder ganz viel ausprobieren – etwa wie Schraubschlüssel und Schrauben zusammenpassen, wie ein Wasserrad funktioniert und wie man Petersilie groß zieht. Obwohl die Krippenkinder zu jung für die Kita-Initiative „Haus der kleinen Forscher“ sind, wurden sie in das Programm aufgenommen.
Zu Recht: Spielerisch die Welt entdecken und davon lernen, ist für die Lotus-Kinder gelebter Alltag – auch über die Krippenzeit hinaus. Es gibt eine Bücherei, Werkzeuge und andere Dinge wie Butterstempel, Handnähmaschinen können von den Eltern aus der „Wissensvitrine“ für zu Hause ausgeliehen werden. „Wir leben nach dem Prinzip Teilen statt Kaufen“ erklärt Krippengründerin Miriam Abdel-Rahmann-Sherif.
2013 hat sie die Krippe im Tibetzentrum gegründet. Aspekte buddhistischer Wertvorstellungen wie Mitgefühl, Liebe, der achtsame und schützende Umgang mit Mitmenschen, Natur, Tieren und Gebrauchsgütern, die Vermittlung von Werten wie Gerechtigkeit, Frieden, religiöse und interkulturelle Toleranz sind Teil des Konzepts.
Und die Krippenleiterin ist immer auf der Suche nach neuen Wegen, Fördertöpfen, Unterstützungsmöglichkeiten, damit sich ihre Schützlinge weiter entwickeln können. Schon der Ausbau der Kitaräume ist nachhaltig gedacht. Viele Einrichtungsgegenstände und Geräte hat sie über Kleinanzeigen oder aus dem Fairkaufhaus erstanden. Manche Dinge wie die Indoor-Kletterburg oder die Turngeräte hat sie aus anderen Kitas übernommen.
Beim Schulbiologiezentrum holt sie Samen und Pflanzen ab, an denen die Schulen kein Interesse haben. Auch die großen Achatschnecken, die derzeit in der Krippe wohnen, sind eine Leihgabe von dort. Mit Schülern aus dem Stephansstift hat sie Hochbeete im Hinterhof der Kita gebaut – und damit die „Betonlandschaft“ in eine grüne Oase verwandelt.
Mit der Naturfreundejugend teilt sich die Krippe außerdem einen 500 Quadratmeter großen Schrebergarten. Hier hat sie mit ihren Kindern mithilfe der Initiative „Acker e.V.“ Beete angelegt: „Wir sind eine Krippe direkt in der Innenstadt – ich finde es wichtig, dass die Kinder mit einem Bezug zur Natur aufwachsen. Hier können sie erleben, wie aus Samen frische Lebensmittel wachsen!“, sagt sie.
Für ihr besonderes Engagement im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde die Einrichtung 2021 – als erste Krippe in Niedersachsen – mit der Kita21-Auszeichnung geehrt. Sie ist prämiert als „Nachhaltige Kita“ und „plastikfreie Kita“, sie ist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2025 nominiert, ist Modellkita bei dem Inklusionsprogramm In-Kit und hat sich als Impulsgeberin für nachhaltige frühkindliche Bildung etabliert. So engagiert sie sich in landesweiten Fachgremien wie in der Klimaschutz- und Energieagentur und dem Klima-Kita-Netzwerk.
Dafür wurde sie jetzt „Konsultationskita des Landes Niedersachsens“: Die Auszeichnung ist Teil des Programms „Praxis berät Praxis“. So will das Land Einrichtungen stärken, die anderen Kitas und Fachschulen als Lernorte und Beratungsstellen dienen.
Und das kann man gut in der Kita erleben: Immer wieder gibt es Themenwochen – zurzeit sind das Schmetterlinge. Aber es kann auch ein Energiethema sein: So gibt es zum Beispiel den stromfreien Tag. Dann gehen zehn kleine „Stromdetektive“ durch die Kita und schauen, wo Elektrizität genutzt wird. Und dann wird überlegt: Gibt es Alternativen? Ist es Luxus? Abwaschen ist per Hand möglich, aber kochen? Doch sogar das Brot wird an diesem Tag gebacken: mit einem Tischofen, der mit Kerzenlicht betrieben wird – den hat Miriam Abdel-Rahmann-Sherif ebenfalls secondhand erworben.
„Häufig beginnt frühkindliche Bildung ab dem Kindergartenalter. Aber Kinder sind von Anfang an wissbegierig“, erklärt Abdel-Rahmann-Sherif, warum sie so auf frühkindliche Bildung setzt. „Und sie sind Multiplikatoren – was sie erleben, erzählen sie weiter – ihren Geschwistern, Eltern, Großeltern.“
Die sind auch alle willkommen, sich in der Kita zu engagieren. Ein Beispiel: „Das große Aquarium wird von Ehrenamtlichen betreut, das könnten wir gar nicht leisten“.