Sie war die PR-Chefin der Stars in Deutschland, saß mit Madonna im Zug nach München, tanzte mit Tom Jones die Nacht durch, hat vergeblich versucht, Joe Cocker nüchtern zu halten und versteckte den medienscheuen Prince vor der Presse: Jetzt hat Elfi Küster ein Buch über ihre große Zeit geschrieben.
Sie hat für AC/DC, Joe Cocker, Peter Maffay, Rod Stewart, Alice Cooper, Mick Jagger, Bette Midler, Vangelis, Andrea Bocelli und viele andere gearbeitet – was andere ins ungezügelte Schwärmen versetzt, ist für Elfi Küster, langjährige Presse- und Promotion-Chefin vom US-Musiklabel Warner, kein Grund zum Höhenflug. „Das war mein Job“, sagte die Frau, deren Markenzeichen ein Kopf voller kleiner wilder Locken ist – in jungen Jahren leuchtend rot, heute, mit 81 Jahren, eher silbergrau. Kürzlich las sie im Kunstladen in der List aus ihrem neuen Buch.
„Sie hat dafür gesorgt, dass ich ahnungsloses, bebrilltes Küken aus der Provinz nicht totgebissen wurde“, sagt Heinz Rudolf Kunze. Mit dem Sänger aus der Wedemark verbindet Elfi Küster bis heute eine enge Freundschaft.
„Ja, manchmal schreiben wir uns nachts lange Nachrichten über das Handy. Da wundere ich mich immer, wie schnell er tippen kann!“, sagt sie und lacht.
Kennengelernt haben sie sich bereits 1980, Kunze war damals gänzlich unbekannt, hatte gerade einen Musikcontest gewonnen: „So einen hatten wir noch nicht“, erinnert sich Elfi Küster. Damals habe sie ihn gesehen und gedacht: „Unser Chef musste verrückt sein, so einen Typen anzuschleppen.“
Kunze war nicht hip, nicht cool, dafür „beängstigend klug“, so Küster. Den Mann sollte sie nun zum Popstar machen. Ihre erste Handlung: Shoppen gehen. Dabei verpasste sie ihm auch die dicke Brille, die dann sein Markenzeichen wurde. Trotz veränderter Optik war der Anfang schwer. Küster verteidigte Kunze mit bissiger Zunge vor allzu abwertenden Musikjournalisten, titulierte einen sogar als „Tintenpisser“, ließ ihre ganze PR-Kunst wirken, und schließlich kam mit „Lola“ 1985 auch ein erster Kunze-Hit.
Einen anderen Star, den sie ganz in der Anfangszeit seiner Karriere begleitet hat, war Madonna. Sie war das erste Mal in Deutschland, niemand kannte sie, niemand wollte ein Interview. Madonna war sauer.
Als Elfi Küster sie am Flughafen abholte, sagte die Sängerin weder „Hi“ noch „good morning“, sondern nach ausführlicher Musterung nur: „I like your sweater!“
Die beiden hatten viel Spaß, besonders auf der Fahrt im Nachtzug nach München, wo sie über Rainer Werner Fassbinder philosophierten und Madonna über Elfi Küsters exzentrische Klaus-Kinski-Parodie herzhaft lachte.
Und als in München in einer Parfümerie von einem bestimmten Blusher nur noch der Tester vorhanden war, den die Verkäuferin aus Hygienegründen partout nicht herausgeben wollte, steckte Küster das Vorführmuster einfach ein, während Madonna ablenkte.
Prince dagegen wollten alle interviewen, doch der extravagante Künstler war extrem medienscheu. 1983 lernte Küster ihn kennen, in London bei einem Auftritt im Wembley-Stadion. Das Konzert war gigantisch, doch die Presse wollte unbedingt zum geheimen Aftershow-Auftritt von Prince. „Sie bettelten und drohten mir“, sagte Elfi Küster, die selbst erstmal an ihr Postfach im Hotel herankommen musste, um zu wissen, wohin Prince mit seinem Tross ziehen wollte. Doch die Journalisten klebten ihr an den Hacken, und als der Concierge ihr die so geheime Einladung zusteckte, bekamen es alle mit. Daraufhin zerriss sie ungelesen den Zettel vor allen Augen – „für seine Schützlinge muss man Opfer bringen …“
Die skurrilste Geschichte erlebte sie mit Ry Cooder: Der Star war nach einem missglückten Interview so verärgert, dass er alle weiteren Termine absagte. „Da forderte ich den Tourmanager zum Tischtennis heraus“, erzählt sie. Der blickte sie an, mit ihrem engen Rock und Highheels und sagte zu: Wenn sie gewinnen würde, bekäme sie das Interview mit Ry Cooder. Sein Pech: Er hatte die kleine Frau unterschätzt …
Viel hat sie mitgemacht, mit all den Stars gemeinsam geraucht, getrunken, die Nächte durchgefeiert. Nur Sex gab es nicht – auch wenn die Verführung manchmal da war: „Seit 1960 bin ich mit einem Mann zusammen – das geht nur mit Selbstdisziplin!“, sagt sie.
Ihre Erinnerungen lesen sich wie ein Who-is-who der Musikszene. Spannend, lustig, immer wertschätzend, auch wenn es nicht ideal lief – wie bei Joe Cocker, der trotz Entzugs trunken ins Bett fiel. Manch andere kamen einfach nicht ins Buch – wie Marius Müller-Westernhagen, mit dem sie einst heftig aneinandergeraten ist. „Ein schwieriger Mensch, und ich war nicht demütig genug“, so ihr Kommentar.
Als Elfi Küster jetzt ihre Erinnerungen geschrieben hat, war es schwer, einen Verlag zu finden. Einige befürchteten, dass die Stars keiner mehr kennen würde, andere wollten zu wenig zahlen. Doch wie schon ihre Mutter immer gesagt hat, „wo ein Wille ist, ist auch ein Gebüsch“, hat sie kurzerhand das Buch im Eigenverlag publiziert. Lektoriert hat es übrigens Ex-Schädelspalter-Chefredakteur Hollow Skai.