„Leider müssen wir feststellen, dass sich über mehr als zehn Jahre ein Trend zum Rückgang der Individuen- und Artenanzahl in den Gärten zeigt“, sagt Rüdiger Wohlers, Geschäftsführer des Nabu Landesverbandes Niedersachsen. „Über alles gesehen, haben wir – was die Zählungen anbetrifft – heute fast ein Fünftel weniger Gefiedertiere in den Gärten als noch vor Jahren.“
Diese Entwicklung treffe auch populäre Vogelarten: Bei dem am häufigsten vorkommenden Vogel in Niedersachsen, dem Haussperling, gab es ein Minus um 13 Prozent. Auf den weiteren Plätzen liegen die Kohlmeise (minus 10 Prozent) und die Blaumeise (minus 16 Prozent).
Am erschreckendsten ist jedoch das größte Minus von 40 Prozent bei der Amsel. Wohlers sieht einen konkreten Grund hinter diesen dramatischen Rückgang: „Das Usutu-Virus wütete auch 2024 – Niedersachsen war dabei zusammen mit Schleswig-Holstein einer der Hotspots.“ In manchen Bereichen Niedersachsens konnte der Nabu bei der Zählung sogar ein Minus von mehr als 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr feststellen.
Dagegen zeigt der Hausrotschwanz als „Vogel des Jahres 2025“ den großen Einfluss des Klimawandels auf die Vogelwelt. Bei der „Stunde der Wintervögel“ tauchte er – mit gerade einmal 27 gezählten Vögeln im ganzen Bundesland – an 74. Stelle auf. „Als Zugvogel sollte er in dieser Jahreszeit eigentlich noch in den warmen Gefilden Südfrankreichs oder des weiteren Mittelmeerraumes sein, aber manche Exemplare kommen durch den äußerst milden Winter bereits früher zu uns zurück“, erklärt Wohlers.
Insgesamt nahmen in Niedersachsen 11.238 Menschen an der Vogelzählung teil. Im Jahr 2024 waren es noch knapp 2000 mehr. Interessierte hatten an zwei Wochenenden im Januar die Möglichkeit, eine Stunde lang Vögel vom Balkon oder Garten aus zu beobachten, zu zählen und das Ergebnis online, telefonisch oder per App an den Naturschutzbund weiterzugeben.
Laut Wohlers stehen im Wesentlichen zwei Ziele hinter der Aktion. Einerseits gehe es darum, Beobachtungsdaten über mehrere Jahrzehnte zu sammeln, um klare Trends zu den Beständen der Vogelarten, aber auch zu den Veränderungen in deren Lebensräumen ableiten zu können. Andererseits solle die Aktion die Menschen dazu animieren, sich mit der Natur und der Vogelwelt auseinanderzusetzen. „Das ist sehr wichtig, denn ich kann nur schützen, was ich kenne – und der Verlust an Artenkenntnis ist eine große gesellschaftliche Zeitbombe“, meint der Experte.
Denn jede und jeder Einzelne könne aktiv einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. In den kalten Wintermonaten etwa sei eine artgerechte Fütterung für die Vögel, beispielsweise in Form von Äpfeln, überlebenswichtig. Aber auch in Laub, das bewusst liegengelassen werde, finde sich tierische Nahrung. „Ein vogelfreundlicher Garten ist rund ums Jahr das Beste, was wir unseren Vögeln in Dorf und Stadt bieten können“, betont Wohlers.