Nach einer abgebrochenen Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau zog sie 2021 nach Hannover und begann ihr 18-monatiges FSJ bei den Johannitern, Ortsverband Hannover-Wasserturm. „Ich wollte etwas mit Gesundheit machen, und ein Bürojob kam für mich nie infrage, weil ich ein sehr aktiver Mensch bin“, erklärt Timm ihre Entscheidung. Ob aber der Rettungsdienst etwas für sie sei, wusste sie nicht. „Ich habe dann relativ schnell gemerkt, dass ich in der Arbeit total aufgehe.“
Allerdings war es für die junge Frau zu Beginn nicht leicht: „Ich bin ein sehr sensibler Mensch, am Anfang habe ich viel mit nach Hause genommen.“ Mittlerweile habe sie Routinen entwickelt, um das Erlebte zu verarbeiten. „Ich ziehe meine Arbeitskleidung an, dann bin ich Rettungssanitäterin. Und wenn ich sie ausziehe, bin ich nicht mehr auf der Arbeit und lasse die Einsätze da.“ Zudem helfe ihr das Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen oder ihrem Freund, der selbst Notfallsanitäter auf derselben Wache ist. „Wenn wir ein Leben mal nicht retten können, dann sage ich mir: ‚Wir haben aber zumindest alles gemacht, was wir tun können.‘“
Ihren Instagramkanal @merlemarlin_ betreibt sie seit 2016. „Ich habe aber jahrelang nur ab und zu ein Foto hochgeladen.“ Kontinuierlich postet sie erst seit fünf Monaten Inhalte auf der Plattform. Der Grund: Ein Videodreh für den Bundesfreiwilligendienst bei den Johannitern in Hannover. „Da habe ich zum ersten Mal vor der Kamera gesprochen und Szenen aus dem Alltag gefilmt“, erklärt Timm. Danach fing sie an, ihren Alltag als Rettungssanitäterin auf Instagram zu posten – auch weil zu diesem Zeitpunkt kaum Inhalte aus Hannover oder Niedersachsen von Mitarbeitern des Rettungsdienstes zu finden waren.
Und ihre Idee kam an. Von 2000 Followern im Juni 2024, erreichte sie Anfang November 2024 fast 19.000 Abonnentinnen und Abonnenten. „Die meisten davon interessieren sich für meine Arbeit beim Rettungsdienst“, erzählt die 24-Jährige. 850.000 Views hat ihr erfolgreiches Reel auf Instagram, in dem sie ihre Vorbereitung auf den Dienst und ihre Frühschicht im Rettungsdienst zeigt.
Auch ihr Arbeitgeber profitiert von ihren Inhalten auf Social Media. „Die Marketingabteilung der Johanniter kam schnell auf mich zu, die fanden das gut“, erinnert sie sich. Allerdings muss sich Timm an bestimmte Regeln halten. Sie zeigt keine Patienten oder gibt Daten zu ihnen preis. „Ich zeige beispielsweise nur unser Auto oder die Trage.“ Für das Filmen nehme sie sich, zum Teil vor der Schicht, ein paar Minuten Zeit. Das klappe allerdings nicht immer. „Wenn ein Arbeitstag sehr stressig ist, dann filme ich auch gar nicht. Denn wenn jemand in einer lebensbedrohlichen Situation ist, dann ist das Handy auch fehl am Platz.“Ganz neu ist die Kamera für Timm nicht. Seit sie 16 Jahre alt ist, arbeitet die Rettungssanitäterin nebenbei als Model. Mittlerweile hat sie einen Platz in einer Agentur, war in mehreren Folgen der ARD-Serie „Rote Rosen“ zu sehen und in Kampanien unter anderem für die Marke Schwarzkopf.
Daher dreht sich ihr Instagramaccount auch noch um Fitness, Ernährung, das Modeln und um ihr Studium zur Osteopathin. „Mir reicht ein Job nicht, weil ich so viele andere Interessen habe“, sagt Timm und lächelt. Eigentlich solle man, um erfolgreich einen Account zu betreiben, nur ein Hauptthema haben. „Ich kann das gar nicht, weil ich so vielseitig bin.“ Genau deswegen zeige sie so viel aus ihrem Leben.
„Ich stehe unheimlich gern vor der Kamera, aber ich arbeite auch gern im Rettungsdienst und studiere. Ich finde es total schön, die beiden Welten miteinander zu kombinieren.“ Seit März ist Timm mit ihrem FSJ durch, arbeitet 20 Stunden für den Rettungsdienst, studiert, achtet auf Sport und Ernährung und dreht und schneidet ihren Content für Social Media. Überfordert wirkt die Studentin mit ihrem Pensum nicht. „Aber es erfordert schon sehr viel Planung und Organisation“, räumt sie ein.Das Ziel, eine große Influencerin zu werden, habe sie aber nicht. „Ich poste Inhalte auf Social Media, weil es mir Spaß macht. Das läuft nebenbei.“ Daher verspüre sie kein Druckgefühl. Für immer möchte Timm aber nicht im Rettungsdienst bleiben. „Die Arbeit ist wirklich kräftezehrend, hinzu kommt der Schichtdienst. Wenn es an die Familiengründung geht, dann möchte ich einen festen Job als Osteopathin haben.“ In den nächsten Jahren werde sie aber erst einmal weiterhin als Rettungssanitäterin arbeiten und Menschen diesen Job durch ihre Inhalte auf Social Media näher bringen.