Viele Jahre hat die Stadtverwaltung wenig in die Digitalisierung investiert. Das hat zur Folge, dass in den Amtsstuben noch immer viel Papier ausgefüllt, abgestempelt und transportiert wird. Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) wollte das bei seinem Amtsantritt 2019 ändern. Das digitale Rathaus war eines seiner Wahlversprechen. Mit dem sogenannten Online Zugangsgesetz (OZG) wurden zwar auch auf Bundesebene die rechtlichen Weichen für einen Digitalisierungsschub in den Verwaltungen gestellt, doch bisher ging es in den Kommunen eher schleppend voran. Erst kürzlich, beim Digitalgipfel der Bundesregierung, meinte ein Vertreter des Branchenverbands Bitkom: „Die Digitalisierung der Verwaltung kommt nicht voran.“
Hannover will jetzt Tempo machen. In wenigen Jahren sollen Bürgerinnen und Bürger alle Behördenangelegenheiten online erledigen können – jedenfalls die, die rechtlich möglich sind.Nach Angaben der Stadt geht es um 277 Antragsverfahren, die digitalisiert werden müssen. Bisher ist es der von Onay gegründeten Task-Force Digitalisierung gelungen, ein Drittel der Verfahren auf Onlinebearbeitung umzustellen, darunter Anträge auf Wohngeld sowie die Vermittlung von Kita-Plätzen. „Langfristig verfolgen wir die Vision, dass das Stellen von Anträgen so einfach wird wie Onlineüberweisungen oder Buchungen von Reisen, die von Zuhause via Internet erledigt werden können“, sagt Personaldezernent Prof. Lars Baumann (Grüne). Dafür will die Stadt trotz der angespannten Haushaltslage viel Geld in die Hand nehmen. Insgesamt rund 48 Millionen Euro sind vorgesehen, verteilt auf fünf Jahre. Von dem Geld sollen bis zu 35 neue Stellen finanziert werden, viele davon für Programmierer. Aber auch neue Soft- und Hardware leistet sich die Stadt, etwa aufwendige Scanner. Die Maschinen sollen in der Poststelle alle eingehenden Briefe digitalisieren. Bisher wurde der Schriftverkehr noch in Kästchen sortiert und dann mit dem Rathaus-Postauto zu den adressierten Behörden gefahren, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Künftig soll die digitalisierte Post per Mausklick verschickt werden. Auch in die Abwehr von Cyber-Angriffen will die Stadt mehr Geld investieren.
Zwar gibt die Stadt jetzt viel Geld für die technische Umstellung aus, aber sie verspricht sich auch erhebliche Spareffekte: 120 bis 130 Stellen sollen langfristig nicht wiederbesetzt und am Ende gestrichen werden. Das alles sei mit dem Personalrat abgestimmt, heißt es vonseiten der Stadt. Bereits das bisherige Onlineangebot wird nach Angaben der Stadt gut angenommen. Im Jahr 2023 haben die Hannoveraner insgesamt 29.000 Formulare online bei der Stadt eingereicht, in diesem Jahr waren es im August schon 37.000 Anträge. Im kommenden Jahr will die Stadt weitere Digitalangebote freischalten, etwa Anträge auf Fischereischeine. Menschen, denen das technische Verständnis fehlt oder die eingeschränkt sind, sollen künftig weiterhin ein Amt aufsuchen dürfen. Sein Wunsch sei es, sagt Baumann, dass sich die Stadtbeschäftigten dann mehr Zeit nehmen können.